asdf
 

Ein Erinnerungsort für lebendige Kultur?

HINTERGRUND / WITTGENSTEIN / OBERALM

04/12/14 Was wird aus der Villa, in der der berühmte Philosoph 1918 seinen „Tractatus“ fertig schrieb? Eine Initiative kümmert sich darum mit Nachdruck.

Von Werner Thuswaldner

Das Gebäude an der alten Wiestal-Landesstraße, nicht weit vom Oberalmer Ortszentrum entfernt, hat eine stattliche Größe. Es sieht heruntergekommen aus. Hier hat der Philosoph Ludwig Wittgenstein (1889-1951) 1917 während eines Fronturlaubs sein Werk, „Tractatus logico philosophicus“ fertig gestellt. Die Villa gehörte damals seinem Onkel Paul Wittgenstein. Geplant und erbaut wurde sie 1873/74 vom Halleiner Baumeister Ignaz Miller. In den behördlichen Unterlagen wird sie „Fischer-Villa“ genannt. 1889 kaufte sie Paul Wittgenstein, der sie um einen Zubau erweiterte.

Das Grundstück ist von einer Hecke und alten Bäumen umgeben; an jeder der vier Seiten führt eine Straße vorbei. Es ist verständlich, dass die Eigentümer den status quo ändern wollen und an eine „Verwertung“ denken. Soll das Bauwerk nun abgebrochen werden, oder besteht die Chance hier künftig außer der Widmung für Wohnungen, auch eine Einrichtung zu schaffen, die nicht nur rückwärtsgewandt an Ludwig Wittgenstein erinnert, sondern als Ort geistig-kultureller Auseinandersetzung als Impulsgeber wirken könnte?

Eine Initiative setzt sich dafür ein. Ihr gehören der Literaturwissenschafter Univ.Prof. Karl Müller, der Architekturhistoriker Norbert Mayr, die Halleiner Theatermacherin Christa Hassfurther und der Fotograf Stefan Zenzmaier an. An einem Pressegespräch heute Donnerstag (4.12.) nahm auch Dorothea Salzer, Urenkelin von Paul Wittgenstein, teil.

Viele Gespräche sind bereits geführt worden. Ein Konzept spricht von einem „Europäischen Erinnerungsort für lebendige Kultur“. Es heißt, Wittgenstein-Nachkommen seien prinzipiell bereit, Leihgaben aus dem Besitz von Paul Wittgenstein (darunter auch Zeichnungen des Onkels) für Oberalm zur Verfügung zu stellen. Wittgenstein-Spezialist Alfred Schmidt von der Österreichischen Nationalbibliothek hält es für möglich, in der Villa mit Hilfe von Faksimiles eine aussagekräftige Dokumentation einzurichten. Ludwigs Zimmer könnte für einen „Philosopher in residence“ adaptiert werden.

Pläne des Architekturbüros Scheicher, die am 12. November in Oberalm vorgestellt wurden, sehen vor, die Villa zu erhalten, allerdings den Zubau Paul Wittgensteins abzureißen. Im Haus entstünden zwei Wohnungen. Mit der Villa verbunden würde auf dem Gelände ein weiteres Haus mit mehreren Wohnungen entstehen.

Bilder: Initiative Wittgenstein (1); Wikipedia/Ben Richards (1)

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014