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Angela Denoke allein zu Haus

FESTSPIELE / LIEDERABEND ANGELA DENOKE

18/08/11 Berliner Weill oder amerikanischer Weill? Ein unpassendes Auseinanderdividieren, wie schon Kurt Weills Frau Lotte Lenya befand. Es mögen zwei unterschiedliche Welten sein, im musikalischen Tonfall wenigstens. Aber im Grunde beweg(t)en die Menschen am Kurfürstendamm und am Broadway dieselben Themen.

Von Reinhard Kriechbaum

altDas Verhältnis Weills zu seiner Frau war alles andere als friktionsfrei. „Wie man sich bettet so liegt man“ (um den bei weitesten bekanntesten Brecht-Song des Abends zu zietieren) – andere Liege-Optionen hat Lotte Lenya ja gelegentlich ausprobiert. Vor dieser biographischen Folie hat Angela Denoke die Lieder für ihren Festspiel-Liederabend am Mittwoch (17.8.) im Haus für Mozart ausgewählt. Man konnte nachfühlen, wie für den Komponisten immer auch persönliches Erleben mit eingeflossen ist. Der (auto)biographische Zugang ließ auf Zwischentöne hören, die Angela Denoke so reichlich bereit hält.

Sie könnte ja als Schauspielerin jederzeit ihr Geld verdienen. An der Sprechkultur der Sopranistin sollten sich manche Kollegen der darstellenden Zunft, die auf den Festspielbühnen umgehen, ein Beispiel nehmen. Wie sie in „Nana’s Lied“ (auf einen Text von Brecht) den Refrain drei Mal in etwas anderer Färbung gestaltet, das macht Lebenserfahrung und aufbrechende Lebenslüge unmittelbar anschaulich.

„Lust in Kleingeld zu verwandeln / ist doch niemals leicht“ heißt es in diesem Lied. Die Kasse klingelte auch in den Ehen des Komponisten und der Schauspielerin Lotte Lenya. Zweimal haben die beiden geheiratet, das zweite Mal im Exil in der Neuen Welt, an die sich Kurt Weill wie kaum ein anderer europäischer Komponist angepasst hat. Im Gegensatz etwa zu Korngold, der seinen orchestralen „Sound“ Hollywood quasi übergestülpt hat, nutzte Weill die Angebote der auf unmittelbaren Publikumserfolg zielenden Musiktheaterproduktion. Ein nicht unlogischer Schritt für den Mitstreiter von Brecht.

Revue-Gesänge und solche aus Brecht-Stücken vor der Pause, Musical-Songs vom Broadway im zweiten Abschnitt. Die Ambivalenz zwischen Gefühlen und Verstand, zwischen Sehnsucht und Distanz als Thema, Einsamkeit als Bindeglied: Zwischen „lonely house“ und „Surabaya Johnny“ ist dann kein so gravierender Unterschied.

Ein sehr langer, aber erhellender Abend – und wenn man auch argwöhnt, dass ein ganzes Konzert Kurt Weill eigentlich nicht sein muss. Wenn man das so singt wie Angela Denoke, ist es ein lohnendes Unterfangen. Im Pianisten (und Arrangeur) Tal Balshai und vor allem in Norbert Nagel (Saxophone, Klarinetten, Altflöte) hatte sie zwei musikalische Grenzgänger zur Seite, die plakativste Show-Dinge mit jazzigem Leben erfüllten und der Musik ihrerseits zu Nachhaltigkeit verhalfen. Wie das Leben so spielt …

Hörfunkübertragung am Mittwoch, 24. August um 19.30 Uhr, Ö1
Bilder: SFS / Wolfgang Lienbacher

 

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