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Schön, gut und richtig

FESTSPIELE / WEST-EASTERN DIVAN ORCHESTRA

21/08/11 Da haben also Palästinenser israelische Autobusse beschossen, Israel hat daraufhin Bomber in den Gazastreifen schickt. Und in derselben Sache kriselt es auch wieder heftig zwischen Ägypten und Israel – Ägypten habe die Grenzen nicht dicht genug geschlossen.

Von Reinhard Kriechbaum

Das also hat man am Freitag (19.8.) in der „Zeit im Bild“ erfahren, bevor man sich aufmachte ins Große Festspielhaus, zu Daniel Barenboim und dem „West-Eastern Divan Orchestra“, jener Musikunternehmung, die genau darauf hinzielt, dass junge Musiker aus Israel und solche aus dem arabischen Raum nebeneinander an den Pulten sitzen. Dass sie eben über Grenzen gehen und sich nicht voreinander abschotten. Dass sie miteinander reden und musizieren.

So weit also können Kunst und Tagesrealität auseinanderklaffen. Und so tatkräftig kann das aktuelle Geschehen einer Institution – der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste – in die Hand arbeiten, die seit 1997 den „Toleranzpreis“ auslobt. Jedes Jahr zur Festspielzeit wird diese Auszeichnung überreicht, diesmal Daniel Barenboim.  1999 hat er gemeinsam mit dem palästinensischen Literaturwissenschaftler Edward Said den West-Eastern Divan Workshop ins Leben gerufen, aus dem ein paar Jahre später das West-Eastern Divan Orchestra herausgewachsen ist. 2007 und 2009 war es bereits bei den Festspielen zu Gast.

altDer Salzburger Toleranzpreis ist einer in einer langen Kette einschlägiger Ehrungen, die Daniel Barenboim bereits bekommen hat. Er dirigiert Mahler ebenso überzeugt wie Wagner – und als Dirigent war er von 1981 bis 199 jeden Sommer in Bayreuth engagiert – ein Jude in der Höhle der einst von den Nazis vereinnahmten Löwen sozusagen.

Überhaupt keine Frage: Daniel Barenboim verdient den Toleranzpreis, den vor ihm mehr Leute der schönen Wörter und Gedanken als solche der guten Taten bekommen haben. Das wäre vielleicht eine Hausaufgabe für die Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste: weniger Kardinäle und Theologen zu ehren, die Toleranz quasi professionell auf ihre Fahnen geschrieben haben, sondern die echte Initiativen setzen, wie eben Daniel Barenboim.

Von der Musik an diesem Abend war noch nicht die Rede. Barenboim ist ein Mann des Ausgleichs, und das gilt – im Adagio der unvollendeten Zehnten Symphonie von Mahler hat man es wieder hören dürfen – auch für seinen Zugang zur Musik. Er ist universell, verbindend, verbindlich, und die Emotion ist sorgsam zurückgenommen. Egal, ob Mahler oder Beethovens „Eroika“: Der ausgleichende Geist Barenboims schwebt sozusagen über den Pulten und man hielte es für schier undenkbar, dass Musik auch irritieren, insistieren, gar aufrütteln könnte. Das West-Eastern Divan Orchestra spielt mehrheitsfähig schön. Und das ist in dieser Konstellation gut und richtig so.

Bild: SFS / Wolfgang Lienbacher

 

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