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Es wird musiziert und disputiert

HINTERGRUND / FESTSPIELE / DISPUTATIONES

19/07/12 Jetzt geht es also allen Ernstes los. Morgen Freitag (20.7.) dirigiert Sir John Eliot Gardiner zum Auftakt der „Ouverture spirituelle“ im Großen Festspielhaus Haydns „Schöpfung“. Und am Nachmittag desselben Tages hetzt man, damit das Geistige hinter der musikalischen Kulinarik nicht zu kurz kommt, einen echten Kardinal auf einen echten Rabbiner.

Von Reinhard Kriechbaum

„Disputationes“ sind nämlich auch angesagt im Rahmenprogramm der „Ouverture spirituelle“. Dafür hat man Erhard Busek und das Herbert-Batliner-Europainstitut an Bord geholt, dem Busek als wissenschaftlicher Leiter und Präsident vorsteht. Wir erinnern uns ganz dunkel: Als ÖVP-Chef hat Busek sich ja nicht besonders lange halten können, ein Intellektueller hat in Chefrängen dort wenig zu vermelden. Aber für Anlässe wie diese ist Busek einer, dem man Niveau zutrauen kann.

Das Herbert-Batliner-Europainstitut wurde 1997 in Salzburg gegründet und widmet sich der Erforschung der europäischen Politik, Geschichte und Kultur. Seit 2011 geht es in Symposien und Buchveröffentlichungen vor allem um "Europäische Kultur und europäische Identität". „Der Begriff Kultur umfasst dabei die schönen Künste (Musik, Literatur, Kunstwerke, Kulturgüter) ebenso wie Werte, Traditionen, Sprache und Religion“, betont man.

Auch in den kommenden Jahren wird das Herbert-Batliner-Europainstitut für den Vortrags- und Diskussions-Unterbau zur „Ouverture spirituelle“ der Festspiele liefern. Im Fall von Buddhismus (2013) und Islam (2014), denen der Musikschwerpunkt des Festspiel-Vorspanns dann gelten wird, ist es gewiss leichter, zu reden als ähnlich üppig Musik zu programmieren, wie Intendant Alexander Pereira das heuer macht. Mit Werken wie dem in den frühen dreißiger Jahren entstandenen „Avodath Hakodesh“ (Gottesdienst) für Bariton, Chor und Orchester von Ernest Bloch (1880–1959), Arnold Schönbergs „Kol Nidre“ oder der 1985 entstandenen Symphonie Mechaye Hametim (Auferweckung der Toten) von dem 1935 geborenen Noam Sheriff hat man in der Ouverturen-Woche ja repräsentative symphonische Werke, die einen starken Gegenpol zur christlichen (vor allem: katholischen) Kirchenmusik bilden, die die Programme von Sir John Eliot Gardiner über Christopher Hogwood, Zubin Mehta, Claudio Abbado bis Nikolaus Harnoncourt beherrscht. Harnoncourts Programm mit Mozarts „Missa longa“ in C KV 262 und der Sakramentslitanei KV 243 sollte besonders gut klappen, denn es ist erst jüngst drei Mal bei der Styriarte in Stainz aufgeführt worden.So viel zum Thema Exklusivität. Aber grundsätzlich geht es bei der Ouverture spirituelle ja nicht darum, sondern um eine weitere Verkaufsschiene: Von den Massen, die trotz mittagsstündlicher Auto-Sperre von ein paarhundert Metern Straße irgendwie in die Innenstadt finden und sich durch die Getreidegasse schieben, sollten doch nicht wenige ansprechbar sein für vielversprechende Musik – und an großen Namen fehlt es nicht.

Doch zurück zu den „Disputationes“. Da reden also zum Auftakt am Freitag (20.7.) nachmittags um 17 Uhr in der Großen Aula Kardinal Christoph Schönborn und der aus Wien stammende New Yorker Rabbiner Arthur Schneier. Schönborn bleibt dann noch einen Tag und wird an einer Gesprächsrunde am Samstag (21.7.) um 12 Uhr in der "SalzburgKulisse" mit der Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und dem Schweizer Theologen Hans Weder teilnehmen. Thema des Gesprächs ist "Schöpfer und Geschöpf".

"Spiritualität in der Kultur" lautet das Thema eines weiteren Gesprächsvormittags der "Ouverture spirituelle": Am 25. Juli sprechen ab 10 Uhr der Dirigent Franz Welser-Möst, die Judaistin Susanne Plietzsch, "Kulturtheologe" Givanni Netzer und Hanno Loewy von der "Association of European Jewish Museums".

Die Konzerte am ersten Wochenende der „Ouverture spirituelle“ der Festspiele: Am 20.7. um 20.30 Uhr dirigiert Sir John Eliot Gardiner Haydns „Schöpfung“ (The Monteverdi Choir, The English Baroque Soloists). Händels „Messias“ kann man zwei Mal (21., 22.7.) zur Matineen-Stunde in der Mozart-Fassung unter Christopher Hogwood hören (Mozarteumorchester, Dresdner Kammerchor). Gardiner und der Monteverdi Choir laden am 21.7. um 20.30 Uhr zu einem A-cappella-Konzert mit englischer geistlicher Musik in die Kollegienkirche. - www.salzburgerfestspiele.at
Bild: Katharina Schiffl

 

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