asdf
 

Fast wunschlos

FESTSPIELE / KAMMERKONZERT / TRIO ZIMMERMANN

15/08/12 Eine musikalisch überwältigende inhaltlich spannende Kulturgeschichte des Streichtrios erzählte das „Trio Zimmermann“. Auf dem Programm: der erste Satz eines unvollendeten Trios in B von Schubert, Schönbergs erschütterndes op. 45, uraufgeführt 1947 in Harvard, und Mozarts Divertimento Es-Dur, die Perle der Gattung.

Von Heidemarie Klabacher

altEin Wunsch drängte sich freilich schon vor dem Konzert auf: Bitte wenigstens eines der Beethoven-Trios op. 9… Der Gedanke an Beethoven liegt in dieser Programm-Dramaturgie natürlich nahe. Und der Wunsch wurde von Frank Peter Zimmermann (Violine), Antoine Tamestit (Viola) und Christian Poltéra (Violoncello) denn auch prompt und – fast – erfüllt: Mit dem ersten Satz aus Beethovens Streichtrio op. 3 als Zugabe fand ein technisch und musikalisch-musikantisch überwältigender Abend auch inhaltlich seine energiegeladene Vollendung.

Bei bestem Willen lassen sich im Allegro des nicht vollendeten Trios B-Dur D 471 keine Schubert’schen Abgründe ausmachen: gelöste Heiterkeit, unerschöpfliche Erfindungskraft in der Variation und Souveränität in der formalen Behandlung des melodischen Materials zeichnet dieses Meisterwerk des neunzehnjährigen Schubert aus. Die drei Musiker schienen einander silberne Bälle zuzuwerfen oder die Klangkaskaden eines Springbrunnens im Sonnenlicht strömen zu lassen.

Größer könnte ein Kontrast nicht ausfallen als zwischen diesem durchsonnten Stück und dem hochemotionalen, kontrastreichen Trio für Violine, Viola und Violoncello op. 45 von Arnold Schönberg. Mit größter Präzision haben Zimmermann, Tamestit und Poltéra die Kontraste innerhalb der ineinander greifenden fünf Teile herausgearbeitet. Präzise, wendig und klagvoll haben die drei Musiker die „wienerischen“ Anklänge, die großen romantischen Gesten, aber auch die schroffen Kontraste in Dynamik und Agogik hervorgekehrt.

Schönberg hat dieses Werk nach einem schweren Herzanfall quasi im Krankenbett geschrieben, gerettet haben soll ihn eine „Injektion direkt ins Herz“, einzelne Akkorde sollen diese Injektion schildern. Wie auch immer: Das Stück fährt direkt ins Herz, vor allem in einer so brillanten Wiedergabe.

Höhepunkt des Abends war dennoch die Wiedergabe von Mozarts Divertimento Es-Dur für Violine, Viola und Violoncello KV 563, die von den ersten Takten des Allegro an in ihren Bann schlug. Das begann bei den fein ausgekosteten – ebenso geheimnisvoll wie harmonisch „modern“ wirkenden – Modulationen im Allegro. Führte über die traumverloren schön musizierte Cello-Kantilene (die dann ebenso traumverloren die Geige aufgreift) im Adagio hin zu den Tanz-Episoden im ersten Menuett, die stilistisch durch das eine oder andere Jahrhundert Tanzgeschichte zu führen schienen: So präzise so akkurat haben Zimmermann, Tamestit und Poltéra den Charakter dieser Miniaturen herausgearbeitet.

Eine Frühlingsstimmung, aus der winterlicher Frost und Nebeltrübe in Moll immer wieder mit neuer Energie vertrieben werden müssen, war das Allegro: atemlos nur konnte man diesem bewegenden Kampf lauschen, den die drei Künstler mit gelöster Heiterkeit und geballter Kraft gleichzeitig führen zu schienen.

Vielleicht gibt dieses Jahrhundert-Streichtrio Zimmermann, Tamestit und Poltéra ja doch einmal einen Abend mit Beethovens Opus 9?

Bild: Mats Bäcker


 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014