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Zwischen allen Stühlen

FESTSPIELE / FAMILIENKONZERT

17/08/12 Salzburg Contemporary einerseits, Familienkonzert andrerseits. Ein Konzert, das mit Musik der „Gegenwart“ herzlich wenig zu tun hatte und zu einer Zeit und an einem Tag stattgefunden hat, da Familien im Leppi-Bad besser aufgehoben wären (und waren). Ein eigenartiges Unternehmen.

Von Horst Reischenböck

Badewetter, also ohnedies vor allem leere Stuhlreihen am Nachmittag des 15. August in der großen Aula. Was die aufgeführten Werke betrifft: freilich  Schade für das Österreichische Ensemble für Neue Musik unter Johannes Kalitzke und für den Sprecher/Chansonnier Horst Maria Merz. Sie hätten sich mehr Zuspruch verdient. Auf der anderen Seite: Was sollte diese Einordnung als „Familienkonzert“? Nur, weil’s am Nachmittag angesetzt wurde?

Im Vorfeld der Festspiel-Aufführung von Bernd Alois Zimmermanns Oper „Die Soldaten“ eine andere Facette von dessen umfangreichen Schaffen, sein klanglich illustrierender Nachhall von Wilhelm Buschs „Die fromme Helene“. In seiner moralinsauren Bösartigkeit, der sich eigentlich an Erwachsene wendet, ist dieser Text nicht unbedingt als „familienfreundlich“ einzustufen. Auch wenn Projektion von Buschs eigenen Illustrationen visuell ergänzend eingesetzt wurden.

„Die fromme Helene“ ist eine von 84 Hörspielmusiken Bernd Alois Zimmermanns. Horst Maria Merz als Rezitator kostete genüsslich die zynische Gesellschaftskritik aus. 18 kurze Nummern sind für Oktett-Besetzung gesetzt, der Witz liegt weniger in der Verfremdung als im eigentlich „Normalen“ liegt. Dazu bediente sich der Komponist rheinischer Volkstanzmusik, was hinterhältig immer wieder irgendwie vertraut anmutende Assoziationen bewirkt. Das ist nicht andienend, vielmehr abwandelnd im Geiste konzipiert. Man erinnert sich an sein „Ballet noir“, der überaus geistreich witzigen „Musique pour les soupers du Roi Ubu“ zum Drama von Alfred Jarry. Das war 1979 übrigens das erste Werk Zimmermanns, das bei den Festspielen zur Aufführung gelangte.

Nach der Pause folgte Friedrich Cerhas in ihrer musikalischen Fraktur weitaus komplexere „Keintate“ Nr. 1. Für das umfangreicher besetzte Werk braucht’s einen Dirigenten, Johannes Kalitzke. Schließlich sind instrumental vertrackte Zwischenspiele (Marsch, Galopp und Polka) zu meistern.

Hier nun näherte sich Horst Maria Merz durchaus erfolgreich Österreichs typischem Jargon: dem Wienerischen und seinem Herzen, und auch, wie dieses mitunter in besoffenem Zustand räsoniert. Die „Keintate“ (auf Texte von Ernst kein, 1928-1985) ist eben ein „Panoptikum“, abgründig in seelische Tiefen der „Grottenbahn“ hinunter führend. Der Eindruck wurde durch historische Schwarz-Weiß-Fotos unterstützt.

Aber auch hier die Frage: Welches Kind versteht das Dahinterstehende? Die kaum 25 Prozent Erwachsenen aber feierten die Ausführenden zu Recht.

Bilder: SF /

 

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