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Barbarischer Extrem-Salsa und verquere Zwiefache

FESTSPIELE / GRUBINGER

04/08/13 Percussion-Star Martin Grubinger und seine „Planeten“ - The Percussive Planet Ensemble zogen am Samstag (3.8.) in der Felsenreitschule ihre Klangkreise und brachten den neuesten Cerha auftragsgemäß zur Uraufführung.

Von Erhard Petzel

121Der Rahmen des Abends befand sich im Astronomischen: Nicht nur die Anordnung von sechs Schallinseln im Raum, vier davon im Publikum, fordert einen Vergleich heraus zwischen Gérard Griseys „Le Noir de l’Étoile“ und Friedrich Cerhas „Étoile“, das als Auftragswerk der Festspiele uraufgeführt wurde.

Bei aller Unterschiedlichkeit gibt es natürlich auch Gemeinsamkeiten der beiden Hauptwerke des späten Abends. Beiden liegt die Idee zugrunde, dass im Zusammenspiel der Ensembles die Spannung zwischen Synchronisation und Auseinanderdriften durch unterschiedlich entwickelte Rhythmen und Metren eine wesentliche formale Aufgabe zukommt. Beide wollen den Klang im Raum zum Wandern bringen, was – Cerha hat im Programmheft diese Befürchtung formuliert – nur teilweise berauschend wirkt, wenn man keinen zentralen Platz hat.

120Den Grundimpuls für sein Werk schöpft Gérard Grisey aus den eingespielten Rhythmen der Pulsare 0329-54 und Vela. Zur Projektion eines prächtigen Sternenhimmels klingt das schnelle Pulsieren des Himmelskörpers wie der Wirbel auf einer kleinen Trommel, zu dem Grubinger die große wirbelt und in harten Schlägen am Marimba Kadenzen abschlägt. Das ist bereits motivisches Grundmaterial für ein Werk im Ausmaß eines klassischen Konzerts.

Dazu kommen also die Raumstationen dazu, um zu unterstützen, zu konterkarieren oder Bewegungen über sich hinaus zu verlängern. Das Material wird erweitert und in komplexen Zusammenhängen durchgeführt, für klangliches Neuland wird gerieben und gestrichen. Sätze entstehen durch den Wechsel des Pulsarimpulses, der auch zu einer dynamischen Steigerung führt. Nach Schwindel erregendem Finale und Schlussgong wird der Pulsar pulsierend aus- und angeschaltet, bis stumme Finsternis den Einsatz zur ersten Applaus-Orgie gibt.

Gut ein Dutzend Jahre jünger ist Cerhas Werk, Grubinger und seinem Team auf den Leib geschrieben. Der Aufwand an Material und Klangereignissen ist gesteigert (Sirene, Pistole, Reibetrommeln) und die erreichten Dezibel lassen den ausgeteilten Gehörschutz fast begehrenswert erscheinen. Fermaten zwischen den ritornellartigen Strukturen, Call und Response und ekstatische Bögen. Bewegt nimmt der Meister den Applaus inmitten der Musiker entgegen.

119Im Zentrum des Abends, von den Pausen umrahmt, zwei Hits für Percussion-Freunde: Bei Maki Ishiis „Thirteen Drums op. 66“ wendet uns Star Grubinger sinnvollerweise den Rücken zu, sodass er in voller Aktion zu erleben ist, wenn er sich anhand der Riesen-Notenblättern im Hintergrund an Congas und einer Bass-Drum (mit „Kardan-Welle“ zur Bedienung) abarbeitet. Das ist lustvollste Akrobatik zu einer Show, für die man sich nur mehr ein Sportkostüm wünscht (der gestählte Musiker würde da gute Figur für ein neues Publikum machen).

Keiko Abes „The Wave“ für Marimba und vier Schlagzeuger ist ein atemberaubendes Bravour-Stück für den schwitzenden Solisten und seine schreiende Crew, das vom extremen, von der Lüftung übertönten Pinanississimo bis zum Gegenextrem hämmert, bounct und wirbelt. Ein barbarischer Extrem-Salsa mit verqueren Zwiefachen und Zwischenpaschern.

„The Percussive Planet Ensemble“: Rainer Furthner, Sabine Pyrker, Leonhard Schmidinger, Slavik Stakhov, Rizumu Sugishita.

Bilder: SFS / Silvia Lelli

 

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