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Mahler-Originalklang aus Wien

FESTSPIELE / WIENER PHILHARMONIKER / ZUBIN MEHTA

04/08/13 Ein altmeisterliches Konzert hat seine Vorzüge. Zubin Mehta und die Wiener Philharmoniker, letztere freilich immer verjüngter und mit schon einem Dutzend Damen bis in vorderste Reihen, bewiesen es in der Matinee am Samstag (3.8.) zur Vormittagsstunde bei Mahlers „Fünfter“.

Von Gottfried Franz Kasparek

117Vorher allerdings gab es nette „Musik zum Träumen“, gar nicht so ungeeignet zum Akklimatisieren im gegenüber der im Freien lastenden Hitze angenehm temperierten Großen Festspielhaus. Genauso sanft temperiert kam Mozarts G-Dur-Violinkonzert KV 216 daher. Pinchas Zukerman spielte mit edlem und süßem Ton und kontemplativer Hingabe. Hin und wieder erfreute sinnliches Vibrato – und ja, das hat’s auch zu Mozarts Zeit gegeben, sonst hätte Papa Leopold nicht so dagegen gewettert. Zukerman, den man gerne wieder einmal mit einem großen romantischen Konzert hören würde, besitzt genug Persönlichkeit, um seine bei aller Traditionspflege liebenswerte, dezente Sicht- und Spielweise glaubwürdig zu vertreten. Geschärfte Kontraste erwartet man in dieser Konstellation mit dem gelassen begleitenden Zubin Mehta ohnehin nicht. Das Orchester, in erstaunlich „originaler“ kleiner Besetzung, verströmte wahren Wohlklang. „Original“ steht hier deshalb unter Anführungszeichen, weil natürlich von historischen Instrumenten nichts zu bemerken war und weil Mozart mit Sicherheit das Orchester mindestens verdreifacht hätte, hätte er einen solch riesigen Saal vorgefunden.

118Für solche Säle komponierte Gustav Mahler und wieder einmal passte die cis-Moll-Symphonie wunderbar in diesen Rahmen. Maestro Mehta nimmt auch hier manches Tempo sehr gelassen. Der Vergleich mit seiner eigenen Aufnahme von anno 1977 in Los Angeles lehrt, wie Dirigenten im Alter weise werden – und wie sehr die „Wiener“ ein echtes Originalklang-Ensemble für Mahler darstellen, mit ihren traumhaft schön klingenden Hörnern, ihrem durchaus strahlkräftigen, wenn gefordert grellen, aber nie allzu plärrenden Blech, mit dem bei aller Wärme transparent aufgefächerten Streicherklang. Mehta, in Wien künstlerisch sozialisiert, wusste freilich immer schon, wie man Mahlers doppelbödige Walzer- und Ländler-Episoden aus dem natürlichen Fließen der Musik heraus entstehen lässt. Dazu kommt mittlerweile noch souveräner disponierende Übersicht, zur drängenden Leidenschaft kommt inneres Leuchten, zur stupenden Präzision gesellt sich der Mut zu manch musikantischer Freiheit.

Zum Höhepunkt wurde, nach einem Trauermarsch „in gemessenem Schritt“, also wie von Mahler gewünscht, und einem ebenso getreu „stürmisch bewegten“ zweiten Satz, das Scherzo mit seinen laut Komponist „sausenden, brüllenden, tosenden“ Abschnitten und seinen sich immer wieder magisch enthüllenden Dunkelheiten und Abgründen. Was Mahler für diesen Satz befürchtete und was tatsächlich oft passiert – „die Dirigenten werden ihn 50 Jahre lang zu schnell nehmen“ - blieb diesmal aus. Mehta gestaltete ein packendes, vielschichtiges, aber nie verhetztes Pandämonium. Das berühmte Adagietto schließlich hatte die nötige Ruhe und unsentimentale Kraft, um zum Sieg der Liebesvision und zu einem fulminanten, brillanten Finaljubel hinzuleiten. Wobei die letzte, geheimnisvolle Eintrübung vor der alle Tragik wegfegenden Apotheose besonders berührte. Großer Applaus und Bravi, zu Recht.

Bilder: SFS / Silvia Lelli

 

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