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Für die Großen ist Oper über die Gasse

FESTSPIELE / OPER FÜR KINDER / ENTFÜHRUNG

05/08/13 High noon am Sonntag (4.8.) um dreiviertel fünf: Die Jedermann-Scharen strömen wegen des aufziehenden Gewitters vom Domplatz Richtung Festspielhaus. „Lucio Silla“ im Haus für Mozart hat gerade Pause. „Dort ist die Oper für die Großen, äh, für die Erwachsenen“, sagt eine Mutter zu ihrer Tochter und bugsiert die junge Dame genau in die andere Richtung, zur Großen Aula.

Von Reinhard Kriechbaum

123Dort also ist Oper für die Kleinen. Klingt irgendwie uncool, aber was soll’s. „Die Entführung aus dem Serail für Kinder“ wird heuer gegeben. Premiere war schon vor einer Woche. Wir haben uns die dritte Aufführung gegeben. Also „Repertoirebetrieb“, falls ein solcher bei Festspielen statthaft ist. „Der ideale Einstieg in die große faszinierende Opernwelt für die ganze Familie“, heißt es vollmundig im Jugend-Heft der Festspiele.

Wirklich gut besucht, und wirklich viele Kinder. An Nachfrage fehlt es offenbar nicht. Die Sache lässt sich auch gut an. Ein blauer Vorhang, der in Bewegung versetzt wird. Zur Ouvertüre dramatisches Puppenspiel, ein heftig schaukelndes Boot. Wir sehen, wie Blondchen und Konstanze über Bord gehen und dann – nicht recht mit ganzem Herzen bei der Sache – Pedrillo als von Belmonte nachdrücklich ermahnter Retter. Die drei erwachen am Strand vor dem Palast des Selim Bassa. In prägnantem Spiel erleben wir die auf 65 Minuten eingekochte Handlung. Nett und praktikabel gemacht von einem Regisseur namens Johannes Schmid, der die Protagonisten gerne über Sitzsäcke purzeln lässt. Osmin hat natürlich die Hauptrolle.

124Aber auch Kinderoper hat mit Musik zu tun. Schon gar, wenn es der „ideale Einstieg in die große faszinierende Opernwelt“ werden soll. Aber da wird die Angelegenheit schwindelig. Teilnehmer am „Young Singer’s Project“ sind engagiert. Die drehen auf, als ob sie nicht die Große Aula füllen müssten, sondern die Arena von Verona. Sie sind wohl ganz justiert aufs Covern in den Häusern drüben (denen für Großen). Die jungen Leute, deren Namen wir hier gerne verschweigen, kommen aus vieler Herren Länder. Entsprechend ist es um die Wortdeutlichkeit bestellt. Nennen wir das: herzhaft forsch. Die lieben Kleinen haben an diesem Nachmittag wahrscheinlich viele Wörter, aber wohl keinen einzigen Satz von den gesungenen Texten mitbekommen.

125Von Stil, von sängerischer Disziplin, von stimmlichem Gleichgewicht reden wir lieber gar nicht erst. Da hätte ein Opernkapellmeister noch allerhand zu tun, um etwa die ärgsten Vibrato-Unsitten auszutreiben. Am Pult steht Ben Gernon. Er hat heuer im Frühjahr den Young Conductor’s Wettbewerb gewonnen. Am 17. August wird er sich mit dem Gustav Mahler Jugendorchester in der Felsenreitschule präsentieren.

Hier hat man also die Möglichkeit, ihn zu beobachten. Rechtschaffen müht er sich ab, zwischen Bühne und den „Salzburger Orchester Solisten“ zu synchronisieren. Klappt eh einigermaßen, das Kammerorchester besteht aus Profis. Unter ernsthaftes Musizieren wird man das aber schwer einordnen können. Aus dem Musik-Arrangement von Alexander Krampe – mit Akkordeon und Marimba zu Streichquintett und drei Holzbläsern – wäre vielleicht ein wenig mehr rauszuholen.

Young Singers tun da also so, als wären sie noch in der Opernschule. Und ein junger Dirigent lässt sich auch bereitwillig verheizen. Oder bringt er selbst womöglich kein Gefühl für Qualität mit?

Nach 65 Minuten geht man in der Überzeugung: Kein Salzburger Veranstalter, der sich das Jahr über der musikalischen Bildungsarbeit der Jugend annimmt, würde sich getrauen, solche musikalische Minderqualität anzubieten.

Aufführungen der „Entführung für Kinder“ bis 25. August - www.salzburgerfestspiele.at
Das Jugendprogramm der Salzburger Festspiele zum Download
Bilder: SFS / Wolfgang Kircher (2), Hannah Taylor (1)

 

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