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Lyrische Klang-Landschaften

FESTSPIELE / MINGUET QUARTETT

11/08/13 Magische Klänge durchweben die prachtvoll restaurierte Kollegienkirche, wenn das Minguet Quartett und der Akkordeonist Stefan Hussong sich einem west-östlichen Abend machen. „Salzburg Contemporary“ wird dann zu „Salzburg zeitlos“.

Von Gottfried Franz Kasparek

166Es funktioniert freilich nur, wenn über den Köpfen des Publikums mit Scheinwerfern bestückte Metallrahmen mit Netzen und Segeln schweben und nicht nur der Hall-Akustik, sondern auch dem in purem Zustand überwältigenden Raumeindruck ein Schnippchen schlagen. Darum sollte man diese Art der Bespielung dieses barocken Meisterwerks getrost den Festspielen und wenigen, ausgewählten Konzerten überlassen.

Das Programm des vom ersten bis zum letzten Takt atmosphärischen Abends war dramaturgisch klug durchdacht und stimmungsvoll aufgebaut. Claude Debussy mit dem poesievoll verzaubernden Andantino aus seinem Streichquartett im ersten und Anton Webern mit den bei aller extremen Kürze so viel erzählenden 6 Bagatellen im zweiten Teil standen für die westliche Kunst, mit der sich die drei fernöstlichen Meister Isang Yun, Toru Takemitsu und Toshio Hosokawa verbunden wussten bzw. wissen. Von allen dreien erklangen Stücke, welche die Tradition beider Welten mit immenser, dabei aufs Feinste schattierter Klangsinnlichkeit und lyrischen Naturstimmungen verbinden.

167Das Minguet Quartett – Ulrich Isfort, Annette Reisinger, Aroa Sorin und Matthias Diener – spielte all die Stücke mit exquisiter Schönheit, Präzision und Empfindungskraft, ließ die Klänge gleichsam schweben, flirren und singen – eine Meisterleistung, der sich der Akkordeonspieler Stefan Hussong vor der Pause würdig anschloss. Die eröffnende „Melodia“ Hosokawas für Akkordeon solo ist ein Geflecht melodischer Floskeln, die zur Einheit werden. Auf Debussy folgte die pointierte, wie mit spitzer Feder gezeichnete Streichquartett-Landschaft („Landscape“, 1960) Takemitsus, wobei nach der Pause zu bemerken war, wie sehr sich dieser Komponist anno 1981 von der klaren Spröde dieser symmetrisch organisierten Klänge wieder entfernt hatte. Denn „A Way a Lone“ (nach den letzten Worten von James Joyces „Finnegans Wake“) ist im Vergleich dazu eine lyrische Phantasie von durchaus romantischem Gehalt.

Toshio Hosokawas Lehrer Isang Yun zählt zu den großen Vernachlässigten in unseren Konzertprogrammen. Ein Stück wie das von der ostasiatischen Mundorgel beeinflusste, mit meisterhafter Kontrapunktik umgesetzte und zu mystischen Klangwirkungen ebenso wie zu einem traditionell effektvollen Finale führende Concertino für Akkordeon und Streichquartett zeigt, wie sehr der Koreaner an der Schnittstelle von Europa und Asien wesentliche Wege geebnet hat. Das Minguet Quartett und Stefan Hussong zeigten, wie intensiv und im besten Sinne verführerisch man das interpretieren kann. Eine Faszination, die sich am Ende bei Hosokawas „Blossoming“ für Streichquartett wiederholte. Hinter dem Aufblühen der Lotosblüte, dem japanischen Freiheitssymbol, steht in diesem grandiosen Stück die alte Gagaku-Musik, neu belebt und tief empfunden, von den „Strahlen der Morgensonne erwärmt“, um den Komponisten zu zitieren. Das recht zahlreiche Publikum feierte die Interpreten und den anwesenden Toshio Hosokawa lange und herzlich.

Hörfunkübertragung am Dienstag, 20.8., 23.03 Uhr in Ö1
Bild: SFS / Silvia Lelli

 

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