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Wohltuend klassisch

FESTSPIELE / MOZART-MATINEE / BOLTON

19/08/13 So viele Konzerte mit gefühlten Aberhundertschaften von Ausführenden hat dieser Festspielsommer schon gebracht. Eine Mozart-Matinee ist da wie ein erfrischendes Verweilen unter jungen Bäumen im Frühling – besonders mit Ivor Bolton am Pult des Mozarteumorchesters. Klarheit und Transparenz, Energie und Verve prägten die fünfte Mozart-Matinee.

Von Heidemarie Klabacher

Drei Kontrabässe reichen für einen sonoren pulsierenden Klanggrund. Im Dutzend klangvoller? Acht erste Geigen sind mehr als genug. Mit jedem Bogenstrich und jedem Bläserton schlagen die Musikerinnen und Musiker des Mozarteumorchesters Funken sprühender Energie aus der Partitur und geben diese Energie ans Kollektiv zurück. Ivor Bolton lässt die Energie- und Klangströme anschwellen, aufbrausen – beschwört und kanalisiert sie aber gleich wieder mit größter Präzision.

Vom Programm her war die fünfte Mozart-Matinee dieser Festspiele geradezu unverschämt – und unverschämt wohltuend - klassisch: Es begann mit Wolfgang Amadeus Mozarts Symphonie Nr. 34 C-Dur KV 338 aus dem Jahr 1780, der letzten übrigens die Mozart in Salzburg im Dienste Erzbischof Colloredos geschrieben hat. Es folgten drei seiner schönsten Bravour-Arien, bravourös gesungen von Elena Mosuc, und schließlich Joseph Haydns letzte Sinfonie, die 1795 in London uraufgeführte Symphonie D-Dur Hob. I:104.

Markant und kräftig arbeitete Ivor Bolton die rasch aufeinander folgenden Farb- und Stimmungswechsel in KV 338 heraus und verlieh den Wiederholungen immer neue Farbschattierungen. Wie ein einziger goldener Faden der unaufhörlich vom munter surrenden Spinnrad fließt, kam das Andante daher. Wenn die imaginäre Spinnerin gedankenverloren ein wenig innehält, ergibt das auch in der Musik Haltepunkte auf einem fein schwebenden Akkord, der wie eine Frage im Raum stehen bleibt, aber nicht droht. Ähnlich war das im Andante von Hob. I:104: Nur war das Spinnrad in diesen 15 Jahren Musikgeschichte zum Mühlrad angewachsen. Es dreht sich kraftvoll und ein wenig trunken eiernd. Wenn es langsamer wird und auch hier ein Akkord schwebend im Raum steht, reicht dessen Frage in existentiellere Tiefe. Dennoch wird sich in diesem Mühlbach der Müllersbursch noch nicht ertränken, sondern höchstens erfrischen… Zwei wunderbar beredte Wiedergaben von zwei Meilensteinen aus der Geschichte der Sinfonie.

Die Sopranistin Elena Mosuc sang drei jener großen Bravour-Arien, die Mozart für seine Freundinnen oder Gönnerinnen geschrieben hat – und mit denen nicht selten die Opern anderer Komponisten ein wenig aufgepeppt wurden. Darin wird meist heftig geliebt und geklagt – und den Sängerinnen aller Jahrhunderte Gelegenheit gegeben, zu brillieren. Elena Mosuc tat dies mit überzeugender Technik, die es ihr gestattet, auch  halsbrecherische Koloraturen und Töne in höchster Lage in der Lautstärke bis zum feinen Piano zu drosseln.

So etwa die dramatischen Höhen in Rezitativ und Arie „Mia speranza adorata“ oder die schmerzbewegten langen Haltetöne in „Misera! dove son“ in KV 369. Bewegend war der Dialog mit der Solo-Oboe in der wundersamen Arie „Vorrei spiegarvi, oh Dio“ KV 418. Dass diese hervorragende Sängerin durch „selbstvergessenes“ Gefummel mit der Brille – gegen den technisch besonders anspruchsvollen Höhepunkt hin - der eigenen Konzentration ein Bein stellte, berührte ein wenig seltsam, minderte aber nicht die Freude daran, diese so selten gesungene Arie in einer soliden Wiedergabe wieder einmal live zu hören. Besonderer Dank an die Oboe!

Hörfunkübertragung im Programm Ö1 am 3. September um 10.05 Uhr
Bilder: SFS/Ben Wright; www.mosuc.com/Susanne Schwiertz

 

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