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Aus himmlischen Sphären

FESTSPIELE / BR-CHOR UND ORCHESTER / HUBER

27/07/14 Der Chorsatz setzt irgendwo ganz hoch oben ein - hoch über den weißen Haufenwolken Fischer von Erlachs und dem Gewölk von Religionen oder Konfessionen - schwebt herab in irdische Sphären - und soll dann intonatorisch möglichst genau mit den einsetzenden Bläserstimmen zusammentreffen.

Von Heidemarie Klabacher

Allein das Kyrie der e-Moll Messe von Anton Bruckner ist ein Gambit für jedes Ensemble. Die gesamte Messekomposition eine Herausforderung, die der Chor des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Rupert Huber, von den Bläsern des BR-Symphonieorchesters subtil unterstützt, in exemplarisches Vokalklang-Erlebnis verwandelt hat.

Es war ein dramaturgisch besonders reizvoller „Chor und Bläser-Abend“, den die Ouverture Spirituelle am Samstag (26.7.) in der Kollegienkirche bescherte: Auf dem Programm standen Anton Bruckner mit seiner Messe Nr. 2 e-Moll für achtstimmigen gemischten Chor und Blasorchester WAB 27 und Samir Odeh-Tamimi mit seinem Stück „Mansur“.

Dadaismus? Keineswegs. Dank der Ouverture spirituelle erkennt der Festspielgast die rituellen Gesänge der Sufis, der islamischen Mystiker, inzwischen recht gut: Rhythmisch rezitierte Silben verdichten sich zum Gotteslob und führen im rituellen Ernstfall bis zur Ekstase.

Zwei echte Sufi-Rituale fanden vor Publikum statt. Der Komponist Hossam Mahmoud hat seine sufi-grundierten „Seelenfäden“ bereits zur Uraufführung gebracht. Und auch das neue Stück von Samir Odeh-Tamimi, ebenfalls ein Auftragswerk der Festspiele, basiert auf Gesangstechniken der Sufis. Beide Komponisten beziehen sich in ihren Werken auf Leben und Werk des Sufi-Martyrers Mansur Al-Hallag.

Der erwartete Sog zumindest in Richtung Trance und Traum wollte sich bei der zweiten Uraufführung in der Kollegienkirche nicht recht einstellen: „Mansur für großen Chor, 4 Blechbläser und 2 Schlagzeuger mit Texten von und Betrachtungen über den Sufi-Mystiker Mansur Al-Hallag (858-922)“ nennt Tamimi sein klug in die Klang-Architektonik der Kollegienkirche eingeschriebenes Stück.

Also nicht Dada, sondern Sufi: Rasch und gesprächig rezitierte Silben - von den Männern und Frauen des Chor des Bayerischen Rundfunks abwechselnd oder gemeinsam präzise artikuliert, einmal eher homophon, dann wieder eher polyphon wirkend - wechselten sich ab mit dramatisch aufbrausenden Einwürfen der Bläser und Schlagzeuger des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks. Die spannungsvoll aufgebauten Effekte kamen vielleicht doch in zu raschem Wechsel daher, um in Gehör und Gemüt mehr als Interesse am Handwerklichen zu wecken.

Ein reizvoller Gedankenstrich zwischen Bruckner und Tamimi: Die Damen des BR-Rundfunkchores sangen hoch unter der Leitung von Rupert Huber oben im Gewölbe der Kollegienkirche ein Stück der Heiligen Hildegard von Bingen, die erst vor zwei Jahren von Papst Benedikt XVI. offiziell heilig gesprochen und zur Kirchenlehrerin ernannt worden ist.

Es wäre ein netter Salzburg-Bezug gewesen, aber der „Hymnus St. Rupert“ gilt wohl eher nicht „unserem“ Rupert, sondern dem Heiligen Rupert von Bingen (712 bis 732). Hildegard hat dem Sohn eines Heiden und einer christlichen Fürstin ein visionäres Gedicht geschrieben – „O Jerusalem aurea civitas“ – in dem sie den jungen Heiligen, „O zarte Blume des Feldes“, als würdigen Bewohner des Himmlischen Jerusalems preist: „Du edler Rupert leuchtest darin auf, wie ein Edelstein“. Das muss einfach auch für Rupert von Salzburg gelten dürfen – und wir danken den Sängerinnen vom Chor des Bayerischen Rundfunks für die charmante Geste und die geradlinige klare Interpretation.

Bild: dpk-klaba; SFS/Sumnima arts

 

Hörfunkübertragung am Freitag 22. August um 19.30 in Ö1

 

 

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