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Musik von der Tochter des Vizekönigs

IM PORTRÄT / DORA PEJACEVIC

14/03/13 Arnold Schönberg lobte ihre Werke, blieb angesichts der „komponierenden Frau“ aber skeptisch. Sie war mit Karl Kraus und Rainer Maria Rilke befreundet und vertonte deren Gedichte: Dora Peja?evi? (1885-1923) aus dem Altösterreichischen Hochadel war nicht nur eine „komponierende Frau“. Sie war eine ernst zu nehmende Komponistin, deren Werk neben dem ihrer Kollegen bis heute bestehen kann.

Von Heidemarie Klabacher

Ein opulentes Virtuosenstück mit dräuenden Abgründen - die „Phantasie concertante für Klavier und Orchester“. Eine subtile dem Text abgelauschte psychologische Studie - die Vertonung des „Liebesliedes“ von Rainer Maria Rilke. Frühlingsrauschhaft ein Klavierlied „ohne Worte“, introvertiert streng ein Impromptus: Schon beim allerersten Hineinhören offenbart sich das Werk von Dora 

Pejacevic als spannungsreicher differenzierter Kosmos.

Genussvolles Schwelgen, überschäumende Melodik und klangsinnliche Opulenz sind oft nur Bogensekunden entfernt von fragender drohender Expressivität an der Grenze zur Moderne: Stimmungen kippen, stürzen wie Felsbrüche oder wechseln schier unmerklich den Ausdruck zwischen stiller Innerlichkeit und langsam sich aufbauender Bedrohung.

Wie kommt man – spät, aber doch auch recht plötzlich - auf die Komponistin Dora Pejacevic? Ganz einfach: In einem Kammerkonzert des Vereins der Freunde des Mozarteumorchesters am Freitag (15.3.) steht unter dem Motto „Salut für eine Komponistin“ die Salzburger Erstaufführung des Klavierquintetts h-Moll op. 40 von Dora Pejacevic auf dem Programm.

Er habe vor, sich weiterhin um diese Komponistin zu kümmern, „die meiner Meinung nach neben Lili Boulanger die genialste aller ‚woman composers’ vor 1945 war“, sagt Gottfried Franz Kasparek, der die Konzerte Vereins der Freunde des Mozarteumorchesters programmiert, auf Nachfrage von DrehPunktKultur. Für Salzburg „entdeckt“ habe die Komponistin Vereinspräsident Peter Branner, der in Kroatien eine nicht mehr erhältliche CD mit dem Klavierquintett und Klavierstücken von ihr gefunden habe.

Tatsächlich ist Dora Pejacevic keineswegs eine „vergessene“ Komponistin! Beim Label cpo etwa sind längst zahlreiche Werke eingespielt, eine Gesamteinspielung ist geplant.

Wer also war Dora Pejacevic? Sie wurde 1885 in Budapest geboren und ist 1923 in München gestorben. Sie stammte aus dem Hochadel der österreichisch-ungarischen Monarchie, aus dem altem kroatischem Geschlecht der Pejacevic, die in der Geschichte Kroatiens immer eine bedeutende Rolle gespielt haben. Ihr Vater Teodor war Banus, also Vizekönig, Koratiens. Ihre Mutter, eine ungarische Gräfin, war eine hervorragende Pianistin. Die Familie übersiedelte nach Slawonien, Dora Pejacevic wuchs auf Schloss Našice auf, das bis 1945 im Besitz der Familie geblieben war.

„Das Umfeld auf Schloss Našice war hoch kultiviert; mit viel Musik, Büchern in mehreren Sprachen und einer englischen Gouvernante ist die kleine Komtess groß geworden. Ihre musikalische Begabung wurde erkannt und gefördert, zunächst mit einem Hauslehrer aus Budapest, dann am Konservatorium in Zagreb. Es folgten  Studienzeiten in Dresden und München“, fasst Gottfried Franz Kasparek die privilegierte Kindheit und Jugend der Hochbegabten zusammen und betont: „Von einer genialen Autodidaktin, wie mitunter zu lesen, kann also nicht die Rede sein.“

Wohlgefühlt hat sie sich auf Reisen - und in Gesellschaft der Wiener Intellektuellen der Jahrhundertwende. Ihr Werk bekam schon früh Öffentlichkeit: Ihr Klavierkonzert und ihre einzige Symphonie wurden in Zagreb, aber ebenso in Wien und Dresden aufgeführt, nicht in Liebhaberkreisen, sondern zum Beispiel mit dem Tonkünstlerorchester unter der Leitung von Oskar Nedbal. Einer bedeutenden Karriere als Komponistin, die auf gleichem Niveau wie ihre männlichen Zeitgenossen stand, schien in der freieren Atmosphäre der 20er-Jahre wenig im Wege zu stehen, so Kaspakrek. Auch nach 1921, als Gattin des österreichischen Offiziers Otomar von Lumbe, schrieb Dora Pejacevic engagiert weiter an ihren Stücken. Doch am 9. März 1923 starb sie in München im Kindbett. Ihrem Wunsch gemäß wurde sie in Našice begraben. Das Schloss ist heute eine Gedenkstätte.

„Ihr beeindruckendes Werk an der Schwelle zwischen Spätromantik und Moderne geriet fast vollkommen in Vergessenheit, ehe es der junge kroatische Staat nach 1990 und seit etlichen Jahren auch der Rest Europas wieder entdeckte. Dora Pejacevic darf nun als bislang bedeutendste kompositorische Begabung ihrer Heimat gelten -  und als eigenständige Komponistin, die der Tradition zwar treu geblieben ist, sich jedoch neue Nuancen des Ausdrucks erschlossen hat.“

Mit spezifisch kroatischen Themen habe sich, so Kasparek, Dora Pejacevic, deren Umgangssprache das österreichische Deutsch war, selten beschäftigt. Eher sei ihre musikalische Sprache der innovativen, aber tonalen Wiener Moderne eines Zemlinsky oder Korngold zuzuordnen. „Fertig abgeschrieben am 22. März abends 10 Uhr, 1918 Zagreb“ steht über dem Autograf des Finalsatzes des Klavierquintetts op. 40. In Zagreb wurde das Stück auch uraufgeführt, am 1. April 1918, also noch in Monarchie-Tagen. „Die Schrecken des Weltkriegs sind in dieser emphatischen Musik kaum auszumachen. Doch darf Kunst auch das Gegenbild zur Realität entwerfen, die Vision einer besseren Welt.“

Salut für eine Komponistin – Freitag (15.3.) 19.30 Uhr, Yahama-Saal des Orchesterhauses. Neben dem Klavierquintett von Dora Pejacevic stehen "Baal Shem" von Ernst Bloch und das "Dumky-Trio" von Antonin Dvorak auf dem Programm. Es spielen Monika Kammerlander, Carsten Neumann, Herbert Lindsberger, Irina Smirnova und Gerda Guttenberg.
Werkeinspielungen - Dora Pejacevic beim Plattenlabel cpo - www.jpc.de
Höreindrücke von fast allen Werken von Dora
Pejacevic ermöglicht die website des kroatischen Musikinformationszentrums Zagreb www.mic.hr

Bilder: www.mic.hr

 

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