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Ruhiger Puls in jeder Lage

FILMKRITIK / DER RÄUBER

02/03/10 „Pumpgun-Ronni“ Johann Kastenberger, Bankräuber und Mörder, machte in den achtziger Jahren Furore. Benjamin Heisenbergs - an den Roman von Martin Prinz angelehnter - Film über den Marathon laufenden Räuber hatte auf der Berlinale Premiere.

Von Michael Russ

Er läuft im Gefängnishof. Er läuft in der Zelle AUF DEMLaufband. Er läuft sechs Jahre lang. Dieses Training zahlt sich aus. Die Kondition reicht für einen Österreich-Rekord im Wien-Marathon und in der „Bankräuberei“: Drei Banken an einem Tag!

Johann Rettenberger (Andreas Lust) will nur laufen, laufen, laufen. Er liest nicht, er sieht nicht fern, will sich trotz Drängens seines Bewährungshelfers (Markus Schleinzer) keine Arbeit suchen. Nach der bedingten Entlassung aus dem Gefängnis, wo er wegen versuchten Bankraubes einsaß, absolviert er zwar einen Pflichtbesuch am Arbeitsamt, hat aber nicht die Absicht sich wirklich irgendwo zu bewerben. Das würde nicht zu seinem Trainingsplan passen. Dafür trifft er dort eine alte Freundin – Erika (Franziska Weisz), die flexibel genug ist, um in den Plan zu passen. Platz in ihrer Wohnung hat sie auch, Johann zieht bei ihr ein.

Die Beziehung entwickelt sich langsam. Das Laufen und die Banküberfälle gehen für Johann vor. Eifersüchtig ist er im Zweifelsfall trotzdem. Als Erika in der Zeitung Fotos aus der Überwachungskamera einer Bank sieht, ist ihr sofort klar, wer unter der Maske steckt. Unter dem Bett findet sie die Beute, die Pumpgun und die Maske, legt Johann nahe auszuziehen und mit den Überfällen aufzuhören. Mit dem ersten Vorschlag zeigt er sich einverstanden, mit dem zweiten nicht.

Auch der Bewährungshelfer will Johann zum Umdenken bringen, weg vom Laufen, hin zu einer geregelten Arbeit. Johann weist das von sich, als der Beamte beharrlich bleibt, erschlägt ihn Rettenberger mit dem gerade beim Bergmarathon gewonnen Pokal. Damit geraten er und auch Erika ins Visier der Polizei. Der Räuber wird verhaftet, kann aber aus dem Fenster des Vernehmungszimmers springen und startet damit zu seinem schwersten Lauf.

Andreas Lust, der schon in „Revanche“ fleißig joggen durfte, (Im Fernsehen ist er dienstags als ständig von der Exfrau gemaßregelter Pathologe in der Krimiserie „Schnell ermittelt“ zu sehen), ist ein phantastischer Räuber. Was ihn antreibt, bleibt unklar, ist auch nicht wichtig. Einzige Orientierungshilfe im Leben ist sein Pulsmessgerät. Pulswerte, egal ob vom Training oder vom Überfall, werden pedantisch aufgezeichnet. Ob cool oder gehetzt, Andreas Lust bleibt immer überzeugend, auch als Läufer, der an der Konkurrenz vorbeizieht und als Mörder, der den unbeirrt schwadronierenden Bewährungshelfer ruhig stellt.

Franziska Weisz ist eine gute Wahl für die Erika. Die Rolle wurde im Vergleich zum Roman hier deutlich aufgewertet, was der Geschichte gut tut. Erika sieht auf unauffällige Weise gut aus, wirkt ruhig, aber die Initiative in der Beziehung liegt bei ihr.

Die Bilder sind hervorragend, egal ob in der Hetzjagd im Keller oder bei einer Einstellung in der Rettenberger in der Prater Hauptallee läuft. Einmal hohes Tempo durch enge Räume, einmal beinahe statisch, die Laufbewegung in der weiten Allee eher vortäuschend, umgeben von hektisch mit ihren Freizeitaktivitäten beschäftigten Wienern. Beeindruckend.

Der 1974 geborene Benjamin Heisenberg (Enkel des Physikers Werner Heisenberg) konnte die lange Reihe seiner Auszeichnungen um den Bayerischen Filmpreis 2009 für die beste Nachwuchsregie für „Der Räuber“ erweitern. Im Roman wird ständig zwischen der abschließenden Hetzjagd und Rettenbergers Entwicklung zum Serienbankräuber hin und her geblendet. Heisenberg hat sich für eine linear erzählte Geschichte entschieden und ist gut damit gefahren. Auch der Verzicht auf alle Erklärungsversuche für Rettenbergers Getriebenheit – im Roman gibt es verschiedene Anspielungen auf die Kindheit - hat sich bewährt. Heisenberg ist ein Regisseur, der weiß, wie man eine Geschichte erzählt. Regie, Kameraführung und Schauspiel machen in dieser Kombination den Räuber zu einem wirklich guten und spannenden Film.

Bilder: www.derraeuber.at

 

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