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Der menschlichen Stimme nahe

CD-KRITIK / VIHUELA DE ARCO

06/06/05/18 Die ältesten Darstellungen, in Codices und sogar auf einem Kapitell einer Kreuzgang-Säule, stammen aus Spanien und sind kurz vor oder nach 1000 entstanden. In der Zeit des Alfonso el Sabio waren dort – wie man auf einer Miniatur in den Cantigas de Santa María (13. Jhdt.) sehen kann – sowohl die gezupfte als auch die gestrichene Vihuela gebräuchlich.

Von Reinhard Kriechbaum

Kein Wunder, dass dieses Instrument gerade in Spanien heimisch wurde: Die mit einem Bogen gestrichene Vihuela ist ein Abkömmling arabischer Musizierweisen. Ob der flexiblen Klangfarbe kann man sich gut vorstellen, wie die im Grunde einstimmige orientalische Musik verzierend ausgestaltet worden ist, wie das Instrument beispielsweise eine Singstimme nicht nur gestützt, sondern ihren Ausdruck noch verstärkt hat.

Genau das ist es, was Autoren auch noch im 15. und 16. Jahrhundert (Johannes Tinctoris, Sylvestro Ganassi, Diego Ortiz) beschrieben haben: das Vermögen, im Dienste des Wortes den Klang zu modifizieren. Solche Quellen hat Fernando Marín, heutzutage mehr oder weniger konkurrenzlos unterwegs mit diesem Instrument, studiert. Lachen oder Schreien – so Ganassi – sei mit entsprechender Bogenführung genau so zu imitieren wie andere Affekte. Eine instrumentale Vox humana also.

Wenn Fernando Marín hier quasi seine persönliche Anthologie mit Paradestücken für die gestrichene Vihuela anlegt, dann will er uns diese rhetorische Eloquenz nahe bringen, am Beispiel von Variationenwerken von Diego Ortiz und Antonio Cabezón (beide sind 1510 geboren), außerdem solchen von Sylvestro Ganassi (geb. 1492). Die Diminution ist da ein Thema, natürlich auch das ausgefeilte Akkordspiel – in erster Linie am Unmittelbarsten aber die tatsächlich „sprechende“ Artikulation, das Gewicht der Bogenbewegung, also die direkte Interaktion zwischen Rosshaar und Lammdärmen. Aus solchen bestehen die Griffsaiten, wogegen die Bordunsaiten mit solchen von Schafböcken bespannt sind, verrät das Booklet. Es lässt einen aber eher dumm sterben lässt, was die Instrumente selbst, ihre Größe und Bauart anlangt. Das ist bei einem solchen Exotikum schon ein arges Defizit.

Das Klangspektrum reizt Fernando Marín eindrucksvoll aus, wobei sich auch sehr charakteristische Unterschiede zwischen den Komponisten zeigen (so singend wie bei den melodisch ausschweifenden Stücken von Ganassi klingt die Vihuela de arco bei Ortiz und Cabezón nicht, wo man öfter einmal entfernt an kernige Prinzipale einer Orgel erinnert wird.

The Art of the Vihuela de arco. Fernando Marín. Da Vinci Edition, C00037 – davinci-edition.com

 

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