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Ein Monarch für alle

SALZBURG ARENA / UNHEILIG

21/12/15 „Blue Monday“ von New Order schallt direkt vor dem Konzert aus den Boxen. Sicherlich eine Verneigung des Grafen vor seinen Vorbildern, die seinen Weg vom Electro-Gothic- Sänger zum Eurovisions-Anwärter und Verbindungsmann zwischen Schlager und Metal begleiteten.

Von Per Peterson

Der Graf, dessen richtigen Namen niemand so recht kennt, ist ein Phänomen. Ein links und rechts vom Kinn angesiedelter Dreiecksbart, Glatze und Anzug mit weißem Hemd und Schlips sind die Markenzeichen des Sängers, der es gemeinsam mit seiner Band „Unheilig“ schafft, die Massen vom Sechsjähigen bis zum Sechzigjährigen zu mobilisieren. Spannend übrigens, dass eine Vielzahl der Konzertbesucher Teile des Konzerts durch die Linse ihres Smartphones beobachten: Der Graf und und „Unheilig“ auf Abschiedstournee, am Samstag (19.12.) in der Salzburgarena.

Der gelernte Hörakustiker mit Faible zu (sehr) lauten Konzerten ist neben seiner Rolle als Bandleader auch Botschafter für „Hear the world“ - eines Vereins zur Erhaltung des Hörsinns. Apropos Akustik: Die Besetzung Schlagzeug, Gitarre und Keyboard ließ den Bassisten nicht vermissen – zu angenehm ließen die Synthiebässe die Hosenbeine flattern. Und wieder einmal zeigte sich, dass die akustischen Möglichkeiten der Salzburgarena zu Unrecht als schlecht gelten. Es kommt halt darauf an, wer hinter den Reglern sitzt.

„Die neue deutsche Härte“, heißt die Stilrichtung, welcher die Band zugeordnet wird – in diesem Fall eine musikalische und gesangliche Mischung aus den deutschen Vorzeige-Metallern Rammstein und dem Vorzeige-Popper Andreas Bourani.

Was mit Metal beginnt bewegt sich dann ganz schnell in Richtung Schlager. Was zuerst die vereinzelt anzutreffenden Gothic-Anhänger begeistert, bringt später das zahlreichere für sanftere Töne stehende Publikum in Wallung: Die an der Bühnenseite befestigten Leinwände zeigen rhythmisch winkend hochgehaltene Arme, Tränen und Verzückungas erinnert mehr an ein Carmen Nebel Openair als an ein Rockkonzert. Dabei wirkt der Mann trotz dieses Riesenspagats kein einziges mal peinlich, sondern in beiden Stilrichtungen überaus glaubwürdig.

Mit fast spastisch anmutenden Bewegungen unterstreicht er die Leidenschaft zu seiner Musik und macht dem Publikum mit zahlreichen Gesten klar, dass es ein Teil der Show ist. Das Publikum liebt ihn und singt lauthals mit. Ein Konzert mit Live-Lebensberatung: Die Weisheiten der Vorfahren, die Pflicht zu Träumen und das Recht, sich laut zu äußern – der Abend ist ein Sammelsurium an Hinweisen für ein gelungenes Leben, die es mit jedem Lebensratgeber aufnehmen können.

Und da zeigt sich die Größe des Grafen: Er ist ein Monarch für alle. Jeder fühlt sich angenommen und verstanden, die gräfliche Botschaft gilt für jedermann: Blick nach vorne, geh wenn es nötig den steinigen Weg, hinauf in die Berge, von wo du den Blick auf das Große Ganze hast. Liebe und lebe.

Als visuelle Unterstützung flimmern nach fast jedem Song – zumindest gegen Ende der Show – Videos über die Leinwände, die diese Botschaft unterstreichen sollen: Der Graf in den Bergen, der Graf gen Himmel wandernd.

Apropos Show: Selten gibt sich eine gruppe bei der Umsetzung so viel Mühe: Fast jedes Stück bekam eine Neuerung in Sachen Licht, Nebel oder Visuals. Selbst die Zugabe „Leise rieselt der Schnee“. Wenn man schon abtritt, dann mit Glanz und Gloria.

„Gippfelstürmer“ heißt die aktuelle CD von Unheilig – www.unheilig.com
Bild: Unheilig / Eric Weiss

 

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