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Maria lebt nicht gerade ärmlich

KULTUR – VIRTUELL

27/11/20 Die schonendste Art, eine kostbare alte Handschrift herzuzeigen, ist allemal, sie nicht auszustellen, sondern sie in digitalisierter Form zu präsentieren. Derzeit ist es ein Zwang – und so präsentiert die Österreichische Nationalbibliothek zum Advent-Auftakt ein illuminiertes Gebetbuch aus dem 16. Jahrhundert.

Recht nett und demokratisch, wie es zur Kür des Gebetbuchs der Familie Mendoza de la Vega-Guzmán als „besonderes Objekt“ zur Adventzeit kam: Darüber wurde im vergangenen Sommer online abgestimmt, und dieses Meisterwerk der Buchmalerei aus Florenz „setzte sich damals gegen zwei weitere, nicht minder prachtvolle Gebetbücher durch“, heißt es in einer Presseaussendung der Österreichischen Staatsbibliothek.

Eine solche Online-Kür gibt es demnächst wieder, ab 18. Jänner wird man zum Thema „Beziehungskrisen“ abstimmen können. Es geht da nicht um neuzeitliche Scheidungsschlachten, sondern um gestörte Zweisamkeit im Land der Pharaonen: „Alle Interessierten können mit ihren Klicks bestimmen, welcher Papyrus mit Klagen und Beschwerden aus dem alten Ägypten ab Mitte Mai 2021 als 'besonderes Objekt' im Prunksaal gezeigt wird.“

Aber jetzt sind mal Mariä Verkündigung und die Geburt Christi dran. Die Mitwirkung Gottvaters via Heiligem Geist und Erzengel Gabriel als Sendboten hat ja, wenn man der Bibel glauben darf, bloß zu temporärem Zweifel an Marias Lebenswandel und nicht zu nachhaltigem Zerwürfnis innerhalb der Heiligen Familie geführt. Also entschieden mehr Harmonie, als nächstens beim virtuellen Ausflug in Beziehungskisten auf Papyrus zu erwarten ist.

Verkündigung und Geburt Christi sind die Motive auf jener Doppelseite des Florentiner Gebetbuchs, die man aufgeschlagen würde, so denn Ausstellungen stattfinden dürften. „Das Original ist nach dem Ende des derzeitigen Lockdowns bis einschließlich Sonntag 10. Jänner 2021 im Prunksaal zu sehen“, gibt man sich optimistisch. Sicher ist: Die digitalisierte Version steht im Netz. Und weil dem so ist, kann man nicht bloß besagte Doppelseite bewundern, sondern durchs gesamte Digitalisat blättern.

Das Gebetbuch wurde in Florenz am Anfang des 16. Jahrhunderts für ein Mitglied der Familie Mendoza de la Vega-Guzmán hergestellt. „Als Ort der Verkündigung wird, passend zum hohen Anspruch der Auftraggeber der Handschrift, eine Palastarchitektur wiedergegeben“, erklärt die Handschriften-Expertin Katharina Kaska. Übrigens scheint auch Base Elisabeth ziemlich feudal zu wohnen, wie eine andere Buchillustration nahe legt.

Die Präsentationen in der Reihe „Das besondere Objekt“ der Österreichischen Nationalbibliothek gilt Beständen, die aus konservatorischen Gründen nur höchst selten präsentiert werden können. Die Objekte werden von einem breiten Publikum online ausgewählt und für jeweils zwei Monate im Prunksaal ausgestellt.

Das Renaissance-Gebetsbuch aus Florenz zum Durchblättern
Über dieses Objekt informiert auch ein Video, außerdem gibt es einen ausführliche Beitrag im Forschungsblog der Nationalbibliothek über die Handschrift.
Bilder: Österreichische Nationalbibliothek

 

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