asdf
 

Hereingelegt

KAMMERSPIELE / CYBER CYRANO

04/03/16 Er war schon bisher nie ihr Freund. Und mit dem Auftauchen der Neuen muss Susi ihre letzten Hoffnungen begraben. Oder? Mit viel manipulativem Geschick verstrickt sie den unwilligen Lover und die kecke Konkurrentin in absurde online-Affären… Gut gemacht, das Jugendstück „Cyber Cyrano“ in der Österreichischen Erstaufführung in den Kammerspielen.

Von Heidemarie Klabacher

Bei der Premiere am Donnerstag (3.3.) in den Kammerspielen erstaunte zunächst einmal der auffallend hohe Anteil älterer Herrschaften im Publikum. Großeltern und Eltern, die versuchen, Einblick in die Lebenswelt ihres Nachwuchses zu bekommen? „Erwachsene“ bleiben ja doch immer„außen vor“ und erfahren kaum einmal, was „Die Jugend“ des jeweiligen „Heute“ tatsächlich beschäftigt. Und so fragt man sich: Geht es auf online-Plattformen tatsächlich so poetisch und kreativ – wenn auch nicht unbedingt konstruktiv – zu, wie István Tasnádi in seinem Stück „Cyber Cyrano“ vermittelt?

Für den Erwachsenen bleiben nach einer Stunde ausgezeichnet gemachten Jugendtheaters und der erfreulichen Begegnung mit drei überzeugenden jungen Schauspielern in einer rundum überzeugenden Theaterarbeit vor allem Fragen. Sind junge Leute wirklich so dumm? Fallen Mädels wirklich auf das online-Profil eines siebzehnjährigen Diplomatensohnes mit Segelschein und psychotherapeutisch behandeltem Hang zur Hellsichtigkeit herein? Stehen Burschen auf Fünfzehnjährige, die schon für Benetton gemodelt haben und einen Filmvertrag in der Tasche hätten, würde sich der Vater nicht blöd anstellen? Handelt es sich um literarische Überzeichnung, das Stilmittel der Ironie oder der Verfemdung? Wenn ja, warum sind dann die „echten“ Jugendlichen gar so hausbacken gezeichnet? Ist auch das Verfremdung, Überzeichnung?  

Dass einzelne belesene Jugendliche, die es zu allen Zeiten gegeben hat und immer geben wird, die Kreativität aufbringen, in die Rolle eines doppelten Briefpartners für betörte Verliebte zu schlüpfen – das kann man sich dabei noch am ehesten vorstellen. Wie Susi die virtuellen Geschwister aus gutem Hause, Victor und Moira, ihren realen Klassenkameraden Heni und Matti andient, hat der Autor sehr geschickt eingefädelt. Der Beginn ist harmlos, der Verlauf spannend, das Ende krass. Die (hoffentlich) überzeichneten jugendlichen Charaktere – total naiv, total biestig, alle „naturgemäß“ unsicher – bieten vermutlich Material für Diskussionen in der Realität. In vielen „Jugendproblemstücken“ wär’s das auch schon gewesen.

Schließlich stellt Theater für Jugendliche häufig aktuelle Probleme der jeweiligen Zielgruppe ungebrochen und unangekränkelt von Ironie oder gar Poesie auf die Bühne. Das ist bei „Cyber Cyrano“ durchaus nicht der Fall. Ja, es weht ein Hauch von Poesie über den Tastaturen. Die Anspielung auf Edmond Rostands Versdrama "Cyrano de Bergerac" im Titel bringt eine ganze Menge Poesie unausgesprochen mit ins Spiel (wenn auch der Ghostwriter Cyrano in lauterer Absicht gehandelt hat, was man von der manipulativen Susi nicht sagen kann). Die Eingangszeilen – Susis früheste Erinnerungen an Bildschirm und Tastatur – erinnern in schräger Weise an Stifters „Autobiografisches Fragment. (Man klammert sich wirklich an jeden literarischen Strohhalm ob echt oder eingebildet). Aber das Rilke Zitat war wirklich echt.

Also Verbeugung nicht nur vor dem Autor, sondern auch vor Regisseurin Jimena Echeverri Ramirez und Ausstatterin Maria Rehwagen, und vor dem Ensemble: Nikola Rudle, der charmant manipulativen Fädenzieherin Susi, Janina Raspe, der liebenswürdig naiven Heni und Gregor Weisgerber, dem echt nur naiven Matti.

Cyber Cyrano – Aufführungen bis 5. April in den Kammerspielen - www.salzburger-landestheater.at
Bilder: Anna-Maria Löffelberger

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014