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Heimatbildgeschichten

FOTOHOF / STADTGALERIE / SALZBURGBILDER

25/06/21 Ein gutes Jahrhundert ist es her, da fand jedes Jahr ein für Salzburg bedeutsamer Viehmarkt auf der Wiese vor der Basilika Maria Plain statt. Es leben keine Zeitzeugen mehr. Etwas Ähnliches, eine Viehversteigerung, macht man aber noch in Maishofen. Archivbilder und neue Dokumentarfotos – ein anregender Vergleich.

Von Reinhard Kriechbaum

Stefanie Pirker hat in Maishofen fotografiert. Die „große Wäsche“, mit der das anzupreisende Vieh optisch auf Vordermann gebracht wird, nötigt Respekt an. Manche Vorrichtung täte man eher in einer Autowaschstraße erwarten als im Stall. Den Besitzern der Tiere ist ihr Stolz auf die Kuhschönheiten anzusehen.

In den Depots des Salzburger Freilichtmuseums lagern Foto-Schätze sonder Zahl. Der heuer vierzig Jahre alte Fotohof seinerseits ist ja nicht nur Galerie, sondern auch eine „produzierende“ Institution. So ergab sich zwischen Freilichtmuseum, Stadtgalerie und Fotohof eine bemerkenswerte Zusammenarbeit: Fotokünstlerinnen und -künster aus den Fotohof-Reihen haben Bildserien geschaffen, die von Museumsbeständen angeregt wurden.

Zwei Sammlungskonvolute hat Michael Weese, Direktor des Freilichtmuseums, für dieses von ihm angestoßene Projekt ausgewählt. Bruno Kerschner nahm sich als Berufsfotograf Salzburger Landschaften, der Natur, dem ländlichen Alltag und der vorindustriellen Welt der Bergbauernhöfe an. Ein Prisma zur Arbeitswelt vor allem. Kurt Conrad, Gründer des Freilichtmuseums, führte bei seinen volkskundlichen Erkundungen die dafür notwendigen Utensilien mit, darunter eine Agfa Silette für Diafilme sowie ein Prismenfernglas. Conrad war nicht nur Haus-Forscher, sondern, wie es Michael Weese formuliert, „Feldforscher“. Nicht die Dinge, sondern das Verhältnis der Menschen zu den Dingen sind das Aufschlussreiche.

Das gilt auch für die neuen (Auftrags-)Arbeiten, die in Reaktion auf Bilder dieser beiden historischen Sammlungen entstanden sind. Es wäre einfältig, bloß den Platz zu fotografieren, den ein altes Bild zeigt. Auch die heutigen Fotografinnen und Fotografen erzählen Geschichten, in ihren jeweils eigenen künstlerischen Ausdrucksformen. Das eigentlich „Dokumentarische“ ist gegenwärtig, aber nicht alleinige Botschaft.

Für diese Botschaften finden sich im Archiv (die Sammlung Kerschner umfasst 3.400 Bilder, jene von Conrad gar 8.000) ausreichend Anregungen. Hermann Seidl und Kurt Kaindl gingen in Fabriken und beobachteten die dort Arbeitenden. Anna Aicher ist aufgefallen, dass viele Volkskulturvereine ganz viel Zulauf junger Leute haben und dass die Vorbildwirkung der Väter nicht gering ist. Wie der Vater, so der Sohn... Das gilt für Ranggler wie für Perchten. Reinhart Mlineritsch hat vierzig Jahre lang Familien vor dem Christbaum fotografiert. Wie sich die Bilder gleichen! Manche Sitten und Gewohnheiten halten sich hartnäckig.

Motahar Amiri ist in Persien geboren. Seine Bauernhof- und Scheunen-Interieurs, jeweils kleine Bildausschnitte, wirken, als ob die Bewohner nur kurz ihre Arbeit unterbrochen und quasi „aus dem Bild“ getreten zu sein. Elisabeth Wörndl hat sich von der archaischen Wucht der Landschaft inspirieren lassen. Aus dem Schnee-Weiß ihrer Winterbilder leuchtet keck eine rote Wegmarkierung. Die Nebeneinanderstellung von touristischer Landkarte und Landschaft stimmt nachdenklich. Dass man über unsere Umwelt kritisch nachdenken sollte, suggerieren auch die Serien von Andrew Phelps und Nadine Weixler. Die architektonische Haus-Einfältigkeit wird da sehr deutlich.

Birgit Sattlecker hat ihre Serie „Ich bin eine Autobahn“ genannt und damit die „Tauernautobahn und ihre Ränder“ dokumentiert. Sebastian Albert hat Dorfstraßen und die an ihnen liegenden Gasthäuser aufgenommen. Die schauen nicht immer einladend aus.

SalzburgBilder heißt die materialreiche Schau, die auf die Stadtgalerie und den Fotohof aufgeteilt ist – im Quartier Lehen eh nur einen Katzensprung voneinander entfernt. Es lohnt, genau zu schauen, nicht nur auf die neuen Beiträge, sondern auch auf die kleinen Bildgruppen zu jeder Serie. Dort finden sich die Archivaufnahmen, also die jeweiligen Inspirationsquellen. Zusammen ergeben sich anregende Heimatbildgeschichten, wobei man das Wort als Heimat-Bildgeschichten und Heimatbild-Geschichten lesen kann. Das ergibt jeweils andere Wertigkeiten, und es lohnt, die Bilder auf beide Bedeutungen hin zu befragen.

SalzburgBilder - in der Stadtgalerie Lehen und im Fotohof, bis 7. August – www.fotohof.at - www.stadt-salzburg.at
Bilder: Galerie Fotohof

 

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