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Alle erreichen, jederzeit erleben

HINTERGRUND / KUNST AM BAU

02/02/22 Das Schicksal von Kunst am Bau ist, dass sie eigentlich Leute anschauen (müssen), die das jeweilige Ziel aus völlig anderer Motivation heraus ansteuern. Wer die Großglockner-Hochalpenstraße befährt, hat ja doch eher die Reste des Pasterzengletschers und das Gipfelpanorama im Sinn als Kunst. Auch das Landesverwaltungsgericht Salzburg ist eher nicht als Musen-Ort definiert.

Von Reinhard Kriechbaum

An solchen Orten, an Amtsgebäuden oder auf Spitals-Arealen Kunstwerke bereit zu stellen, ist also eine Herausforderung für die jeweils auserkorenen Künstlerinnen und Künstler. Hehr ist das Motiv der Kulturpolitik, Kunst auch ans weniger kulturaffine Volk zu bringen. Wovon seltener gesprochen wird: Kunst am Bau ist natürlich eine Schiene der Künstler-Beschäftigung und damit ihrer Förderung. Seltener (und auch eher hinter vorgehaltener Hand ausgesprochen): Gelegentlich darf die Kunst wenigstens versuchsweise von der Dürftigkeit des Bauens ablenken. Funktioniert eh meist weniger gut. Von einer „wichtigen kulturpolitischen Funktion“ spricht jedenfalls LHStv. Heinrich Schellhorn. Zeitgenössische Kunst vielen Menschen zugänglich zu machen sei „selten so unmittelbar möglich wie im öffentlichen Raum. Amtsgebäude wie Gerichte, Kliniken oder Schulen sind schon aufgrund ihrer Größe und ihres Zwecks als ‚Kunstsprachrohr‘ besonders geeignet.“

„Ziel des Fonds Kunst am Bau ist, dass Kunst für einen bestimmten Ort entwickelt wird, die alle Nutzerinnen und Nutzer erreicht und die für Interessierte jederzeit zu erleben sind.“ Das erklärt Fonds-Leiterin Christina Tscherteu. Die spezifische Ausrichtung auf den jeweiligen Aufstellungsort ist zwar nicht ganz neu, wurde aber im letzten Jahrzehnt entschieden zielgenauer verwirklicht als früher.

Es soll doch mehr sein als bloße Alibi-Behübschung. Rund 42 Projekte von Kunst am Bau wurden in den vergangenen zehn Jahren im Bundesland Salzburg realisiert. Das Budget für den Fonds betrug für 2021 rund 360.000 Euro, heuer wurde es auf 367.200 Euro erhöht. Im Mittelpunkt des abgelaufenen Jahres standen über den Fonds Kunst am Bau geförderte Werke an der Großglockner Hochalpenstraße und in der Landwirtschaftsschule Bruck an der Glocknerstraße, sieben werden gerade fertiggestellt, fünf Projekte befinden sich in Vorbereitung.

Zur 2020 gestarteten temporären Ausstellung Serpentine – A Touch of Heaven (and Hell) an der Großglockner Hochalpenstraße kamen im Vorjahr fünf Installationen dazu. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie an einem Auto mit Grünzeug auf der Dachgalerie und Mankeis (Murmeltieren) am Steuer vorbeikommen: Mehrerer solcher „Gebrauchtwagen-Skulpturen“ haben sich Iris Andraschek und Hubert Lobnig ausgedacht. Performance-Künstler sind Thomas Hörl & Peter Kozek. Die beiden sind für das Krinolinen-Ballett vor bedrohlich dunklem Himmel verantwortlich. Anna Meyer stellte großformatige Ölbilder an den Straßenrand, aber die Naturidylle drauf ist brüchig: Weltschmelz heißt die hier abgebildete Arbeit.

Es müssen übrigens nicht die vielen Kurven auf den Großglockner sein: Der Wettbewerb für ein künstlerisches Konzept zur Restaurierung der vierzehn historischen römischen Meilensteine entlang der Straße über den Radstädter Tauern soll im Laufe des Jahres starten.

Bei den im Oktober 2021 eröffneten Kunstwerken bei der Landwirtschaftsschule Bruck handelt es sich um Sitzobjekte von Anita Leisz aus Naturstein (Gollinger Konglomerat) und Beton. Manche haben sogar einen Stromanschluss für Handy oder Laptop, und eine Halterung für Sonnenschirme fehlt auch nicht. „Somit können die Objekte als Kommunikationsinseln gesehen werden, die sowohl physischen als auch digitalen Informationsaustausch befördern sollen“, heißt es dazu. Die Interaktion von Betrachter und Werk sei „gewollt und ein wesentlicher Bestandteil des Konzepts“.

Ausblick auf Kunst am Bau 2022:
– Im Landesverwaltungsgericht wird im Foyer ab 3. März eine Wandgestaltung von Michael Kienzer präsentiert.
– Auf der Burg Mauterndorf ist die Fertigstellung des Projekts von Toni Schmale für April geplant. Ihr Vorschlag für die Gestaltung einer Zugbrücke für den neuen Rundweg um die Burg ging als Sieger aus einem Wettbewerb hervor.
– Auf dem Gelände des Landeskrankenhauses werden 18 Skulpturen neu positioniert. Kurator Markus Proschek wird ein Konzept in Abstimmung mit dem Landschaftsplaner der Salzburger Landeskliniken (SALK) ausarbeiten.
– Ebenso wird die Arbeit „Steinbezirk“ von Gabriele Berger überarbeitet. Wegen eines Zubaus der SALK müssen Teile der künstlerischen Installation entfernt werden. Die Künstlerin wird ihre Arbeit neu konzeptionieren.
– Im Rahmen des Projekts „Ort(e) des Gedenkens“ werden 2022 in Neumarkt am Wallersee Interventionen des Künstlers Bernhard Gwiggner umgesetzt.
– Weitere Kunstwerke erhalten das Landesarchiv (von Andreas Fogarasi) und das Museum der Moderne Salzburg – Rupertinum (Werner Reiterer).
– Darüber hinaus werden heuer zwei Publikationen, „Öffentliche Kunst Salzburg – 2012 bis 2021“ und „Begegnungen mit Kunst“, über 72 Kunstwerke auf dem Areal des Landeskrankenhauses veröffentlicht.
Beschreibungen der aktuellen Projekte – www.kunstambau.at
Über „Serpentine – A Touch of Heaven (and Hell)“ an der Großglockner Hochalpenstraße – www.serpentine.at
Bilder: www.serpentine.at (3); www.kunstambau.at (1)

 

 

 

 

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