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Munition für Barbies Freund und Feind

FILMKRITIK / BARBIE

03/08/23 Wer dieser Tage ein Mainstream-Kino besucht, dem wird die große Zahl pink gekleideter junger Frauen, vereinzelt sind auch Männer drunter, ins Auge fallen. Der Hintergrund ist ein popkulturelles Phänomen.

Von Andreas Öttl

Barbie schickt sich an, das bei der jungen Generation gegenüber den Streaminganbietern an Boden verlierende Kino neu zu beleben. Barbie sorgt gemeinsam mit ihrem ungleich seriöseren Gegenpart Oppenheimer – einem Film über den Erfinder der Atombombe – an den Kinokassen weltweit für Rekord-Besucherzahlen. Das ist Balsam sind für die von der Corona-Krise arg gebeutelte Kino-Industrie.

Ein Film inspiriert von einer nicht gerade für Progressivität stehenden Spielzeugpuppe aus den 50er Jahren – mitfinanziert von der dahinterstehenden Firma Mattel - scheint auf den ersten Blick nicht zu sein, was die Welt im Jahr 2023 gebraucht hat. Doch die Tatsache, dass auf dem Regiesessel Indie-Darling Greta Gerwig (verantwortlich etwa für eine wunderbar frische Adaption von Little Women) Platz genommen hat, macht selbst jenes Publikum neugierig, welches sich sonst selten in ein Multiplexx-Kino verirrt und kein pinkes Kleidungsstück im Schrank hat.

Prämisse des Films ist eine Lebenskrise der von Margot Robbie verkörperten Hauptfigur. Flankiert von ihrem zur passiven Nebenfigur degradierten Partner Ken (köstlich: Ryan Gosling) ist ihr Leben im knallbunten Barbieland eine Abfolge perfekter Tage.

Bis ein plötzlich auftretender Gedanke an den Tod und eine bald darauf einsetzende Cellulite dafür sorgen, dass ihre pastellfarbene Welt aus den Fugen gerät. Hilfe sucht Barbie bei ihrem weniger stereotypischen Pendant, der Weird Barbie (amüsant: die aus Saturday Night Live bekannte Komikerin und Schauspielerin Kate McKinnon), welche ihr den Weg in die reale Welt öffnet. Dort wird sie plötzlich mit anderen Augen betrachtet, wegen ihres schrillen Outfits verhöhnt und von Teenagerinnen gar dafür verantwortlich gemacht, dass sich Millionen von jungen Mädchen wegen ihres Aussehens schlecht fühlen.

Auch der Besuch bei der aus lauter Männern bestehenden Management-Riege von Mattel bringt nicht die erhoffte Lösung. Derweil bemüht sich Ken, das in der realen Welt vorherrschende Patriarchat in das feminin dominierte Barbieland zu übertragen und auch dort die Welt auf den Kopf zu stellen. Der Film bemüht sich sehr, diese Themen und alle seine Widersprüche in sich zu vereinen, bietet Anknüpfungspunkte für Barbie-Fans und auch (in geringerem Ausmaß) für Barbie-Hasser.
Dass dies trotz der Ausgangssituation so gut funktioniert, ist vor allem dem spritzigen Drehbuch des Filmemacher-Paars Greta Gerwig und Noah Baumbach geschuldet. Letztendlich ist Barbie aber die filmische Entsprechung des englischen Sprichworts „You can't have your cake and eat it (too).” Die Torte ist definitiv sehr köstlich, wenn auch nicht sehr nährstoffreich.

Der Film macht Spaß wie lange kein Blockbuster, enthält zahlreiche witzige popkulturelle Anspielungen und ist vor allem im knallig-künstlichen Barbieland sehr originell visualisiert. Eine ernsthafte, tiefere Betrachtung etwa der feministischen Themen sollte man sich aber nicht erwarten.

Ob es gut ist, dass junge Frauen weltweit im Kino nun eine neue alte gemeinsame Identifikationsfigur vorfinden, welche ein stereotypisches Schönheitsideal sowie weiße, westliche, kapitalistische und heterosexuelle Ideale repräsentiert, sei in Frage gestellt. Fest steht jedenfalls dass Barbie die alten Herren Hollywoods (etwa Harrison Ford als Indiana Jones und Tom Cruise in seiner siebten Mission: Impossible) an den Kinokassen bereits locker abgehängt hat. Nach diesem in Summe doch sehr sympathischen und nicht alles komplett durch die rosarote Brille sehenden Sommer-Film ist vor allem Regisseurin Greta Gerwig der in solchem Ausmaß nicht zu erwartende Erfolg voll zu gönnen

Bilder: www.warnerbros.de

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