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Alles neu macht der Loy

FRANKFURT / DIE FLEDERMAUS

09/03/11 Trister Faschingssch(m)erz: in Frankfurt wurde die unverwüstliche Fledermaus verwüstet. Der Abend reizt zu Zwischenrufen - doch wir sind ja im zivilisierten Frankfurt und nicht etwa an der Wiener Staatsoper.

Von Jörn Florian Fuchs

Bei Christof Loys Fledermaus-Adaption regen weniger die szenischen Einfälle auf, sondern das einfältige, charmelose Konzept. Nun hat jeder halbwegs gebildete Operettennarr die Handlung ja doch irgendwie parat, trotzdem gibt es in Frankfurt gleich mehrfach und ausführlichst eine Inhaltsangabe. Zu Beginn sind wir in einem Salon mit runden Wänden, wo Orlofsky seinem Lebensfrust frönt. Dr. Falke verspricht Abhilfe, bald gebe es eine amüsante Maskerade, man müsse sich an Eisenstein rächen, dieser habe einst Falke einen Streich gespielt usw.

Nun besitzt die Fledermaus bekanntlich mehrere Väter, also bietet sich eine Lesart als offenes Musiktheaterwerk vielleicht an. Wenn man aber ununterbrochen alles umstellt und die narrativen Strukturen so naiv und wenig plausibel wie Loy aufbricht, zerfällt das Ganze in seine Einzelteile. Der runde Salon bleibt den Abend über einziger Spielort, lediglich die Gründerzeitmöbel werden peu à peu entfernt. Das Stück wird in Loys Fassung ziemlich entkernt, es fehlen sowohl Wiener Schmäh wie eben jene Abgründigkeit, die sich unter dem reich verzierten Mantel der „Majestät Champagner“ verbirgt. Mit Rückblenden, Ortswechseln (die nur durch jeweils andere Lichtstimmungen entstehen) und Parallelaktionen erfordert der Abend beim Publikum hohe Konzentration, was wiederum angesichts der Länge (über dreieinhalb Stunden) und der unsäglichen Texte eine echte Herausforderung ist. Kalauer folgt auf Kalauer („erst dufte ich, dann verdufte ich“), Zote auf Zote, doch fast sämtliche Scherze verursachen heftige Schmerzen in Herz wie Hirn.

Recht originell ist immerhin ein Akkordeonspieler, der die triste Szenerie öfters mit lichten, luftigen Klängen (auch etwas Wagner ist dabei) auflockert. Prinz Orlofsky taucht zunächst als Kaiser Franz-Joseph-Verschnitt auf, der Countertenor Martin Wölfel singt die Partie recht ordentlich. Dass Wölfel zugleich als Frosch auftritt, in gewöhnlicher Gefängniswärterkluft, mag als Merkwürdigkeit durchgehen, szenisch bzw. konzeptionell plausibel ist es nicht. Am Ende tritt Frosch/Orlofsky dann noch ganz speziell maskiert auf, nämlich als Ratte aus Hans Neuenfels’ letztjähriger Lohengrin-Inszenierung bei den Bayreuther Festspielen – schöne Idee, aber völlig sinnfrei.

Auch musikalisch lässt die Frankfurter Fledermaus etliche Wünsche offen. Britta Stallmeister versprüht als Adele zwar einen gewissen Charme, das letzte bisschen Vokalerotik indes fehlt. Enttäuschend Barbara Zechmeister (Rosalinde), besonders ihre „Klänge der Heimat“ (die sie übrigens für sich allein singt) hat man selten so matt gehört. Thorsten Grümbel gibt einen soliden Gefängnisdirektor Frank, Hans-Jürgen Lazar leider einen vokal etwas verstolperten Blind (passt ja immerhin zur Rolle), Stephan Rügamer einen etwas bemühten Alfred. Deutlichere Akzente setzt Michael Nagy als Dr. Falke. Wirklich herausragend ist Christian Gerhaher als Eisenstein, der sich vokal wie szenisch virtuos einbringt und als Einziger echte Operettenatmosphäre versprüht.

Der von Matthias Köhler vorzüglich einstudierte Chor singt bei Loy aus dem Graben, am Pult des Frankfurter Museumsorchesters sorgt Sebastian Weigle für bloße Klangschönheit, es ist eine sehr akademische Herangehensweise, der alles Raue, Ungestüme, Zweideutige abgeht.

Beim Schlussapplaus für das Regieteam hielten sich Buhs und Bravos die Waage.

Aufführungen bis 7. April - www.oper-frankfurt.de

 

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