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Monuments-Women über Hitlers Wahn

KULTURHAUPTSTADT SALZKAMMERGUT / LENTOS LINZ

15/05/23 Hollywood hat sich mit The Monuments Men des Themas knallig angenommen. Gleiches Thema wissenschaftlicher Ansatz: Die Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut heißt die Ausstellung des Lentos Kunstmuseum Linz in Kooperation mit der Kulturhauptstadt Europa Bad Ischl Salzkammergut.

Adolf Hitler ließ für sein geplantes Linzer „Führermuseum“ im Zweiten Weltkrieg geraubte und gekaufte Kunstwerke im Salzbergwerk Altaussee einlagern. Auch die berühmte Sammlung Schack wurde von München ach Aussee transferiert. So landeten bedeutende Gemälde der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts im Salzkammergut. Auch die österreichischen Museen nutzten 1944/45 ein Bergwerk, den Kaiser-Franz-Josef-Erbstollen in Lauffen bei Bad Ischl, als Bergungsort für ihre Kunstschätze.

Dies sei „die Rahmenhandlung für die Ausstellung Die Reise der Bilder im Lentos Kunstmuseum Linz, die sich im Spannungsfeld brisanter Themen wie Raubkunst, „Arisierung“, Restitution und Kunstschutz“ bewege, so die Ausstellungsmacherinnen Elisabeth Nowak-Thaller und Birgit Schwarz.

„Die Idee für eine Ausstellung, die die verschlungenen Wege der Bilder in der Zeit des Nationalsozialismus anhand von ausgewählten Beispielen der im Zweiten Weltkrieg eingelagerten Kunst im Salzkammergut zeigt“ sei 2019 im Zuge ihrer Ausstellung Wolfgang Gurlitt entstanden, so Elisabeth Nowak-Thaller, Vize-Direktorin, Kuratorin und Projektleiterin im Lentos. Als das Salzkammergut zur Europäischen Kulturhauptstadt 2024 ernannt wurde war klar, dass wir das Konzept einreichen werden.“

Das Salzkammergut war während des Zweiten Weltkriegs wie keine andere Region in Österreich Umschlagplatz und Bergungsort von bedeutenden Kunstwerken der europäischen Kunstgeschichte, darunter auch NS-Raubkunst. Die Schau im Lentos, in Kooperation mit der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024, präsentiert über achtzig Gemälde und Objekte, die während der Kriegsjahre im Salzkammergut gesammelt, gelagert, geborgen und gerettet wurden. Die kritische Installation Ruinenwert der deutschen Künstlerin Henrike Naumann aus dem Jahr 2019 ergänzt die Ausstellung um eine zeitgenössische Perspektive.
Unter dem Projekttitel Die Reise der Bilder präsentieren das Lentos Kunstmuseum Linz und die Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024 im Rahmen der Programmlinie „Macht und Tradition“ drei Ausstellungen. Neben der Schau Die Reise der Bilder im Lentos gibt es in Kooperation mit dem Kammerhofmuseum in Bad Aussee die Ausstellung Wolfgang Gurlitt. Kunsthändler und Profiteur in Bad Aussee und im revitalisierten Alten Marktrichterhaus in Lauffen bei Bad Ischl die Ausstellung Das Leben der Dinge. Geraubt – verschleppt – gerettet.
Zur Ausstellung im Lentos ist im Hirmer Verlag München der gleichnamige Katalog mit zwanzig wissenschaftlichen Aufsätzen von Zeithistorikerinnen, Provenienzforschern und Kunsthistorikerinnen erschienen.

Die Schau Reise zeigt „in Petersburger Hängung" Meisterwerke vom 8. bis 20. Jahrhundert von Arnold Böcklin, Goya, Edvard Munch, Lovis Corinth, Jacob van Ruisdael, Anthonis van Dyck, Giovanni Battista Tiepolo, Max Liebermann, Jakob Jordaens, Tizian, Moritz von Schwind oder Ferdinand Georg Waldmüller.

Zu sehen weiters ein historisches Modell des Genter Altars, „dem eine komplexe Provenienzgeschichte zwischen Raub, Repatriierung und Rettung zugrunde liegt“, so Nowak-Thaller. „1919 mussten die Bildtafeln des Altars von den Deutschen als Auflage

des Versailler Vertrags nach Belgien überstellt werden – als Kompensation für Kriegsschäden an belgischem Kulturgut – was in Deutschland jedoch als Kunstraub gewertet wurde. Hitler ließ daraufhin 1940, bei dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Belgien, die Bildtafeln evakuieren und ins Schloss Neuschwanstein bringen, von wo aus sie 1944 im Altausseer Bergwerk landeten.“

Ein Hauptkapitel und zentraler Fokus innerhalb des Ausstellungskonzepts sei dem von Hitler für Linz projektierten „Führermuseum“ sowie dem „Sonderauftrag Linz“ gewidmet. Mittels eines Erlasses, dem „Führervorbehalt“, sei ein System geschaffen worden, „das es Hitler und seinem Stab vom „Sonderauftrag Linz“ ermöglichte, „sich aus im gesamten Deutschen Reich und den besetzten Gebieten'sichergestellten' und beschlagnahmten Kunstgütern vorrangig zu bedienen“. Bis zu ihrer vorläufigen Endstation im Salzbergwerk Altaussee hätten die für das „Führermuseum“ vorgesehenen Kunstwerke bis zu vier Etappen – München/Führerbau, Wien/Zentraldepot, Gemäldegalerie Dresden und das Stift Kremsmünster – hinter sich.

„Hitler sammelte – das heißt, er kaufte und raubte – Kunstwerke nicht nur für Linz, sondern für Museen im gesamten Deutschen Reich. Hitlers Vorhaben für Linz, insbesondere die kulturellen Projekte, waren zweifellos überdimensional. Die Fiktion als ‚Supermuseum‘ ist jedoch ein Mythos, sowohl hinsichtlich der Größe des Gebäudes wie auch des Bestandes. Diese Schimäre überlagert bis heute ein tatsächlich gigantisches Verteilungsprogramm von vorwiegend NS-Raubkunst auf die österreichischen und deutschen Museen und entpolitisiert Hitlers Museumspolitik so zu einem irrealen, wenn nicht irren Projekt eines größenwahnsinnigen Diktators“, fasst Birgit Schwarz, international renommierte Expertin für NS-Kulturpolitik und Gastkuratorin der Ausstellung, ihre langjährige Forschung zum Thema zusammen. (KHSK / Lentos / dpk-klaba)

Die Reise der Bilder. Hitlers Kulturpolitik, Kunsthandel und Einlagerungen in der NS-Zeit im Salzkammergut – bis 8. September im Lentos Linz www.lentos.at
Bilder: KHSK / Bundesdenkmalamt Eva Kraft (3); Lentos Violetta Wakolbinger (1); LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna (1)

 

 

 

 

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