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Ferner Naturlaut, latente Langeweile

FESTSPIELE / PITTSBURGH SYMPHONY ORCHESTRA / HONECK

01/09/22 Ende gut, alles gut? Das letzte Festspielkonzert hinterließ gemischte Gefühle. Was weniger am Pittsburgh Symphony Orchestra lag, mit dem sich in der Reihe Orchester zu Gast nach geraumer Zeit wieder ein Klangkörper aus den USA präsentierte, als an Manfred Honeck. Stargeigerin Anne-Sophie Mutter war auch nicht das Sahnehäubchen. Lauter schöne Momente können, spannungslos aneinander gereiht, Langeweile verbreiten.

Von Horst Reischenböck

Kann es still stehenden Klang, kann es Musik ohne Zeit geben? Die Antwort gaben beim letzten Festspielkonzert György Ligeti und Gustav Mahler, die neben jüdischer Abstammung auch österreichische Provenienz verbindet: Auf dem Programm standen György Ligetis Lontano für großes Orchester und die Symphonie Nr. 1 D-Dur von Gustav Mahler. Der Beginn Ersten Mahler habe ihn, so Ligeti laut Programmheft, zu Lontano angeregt.

Pittsburgh ist etwa doppelt so groß wie Salzburg. Das Pittsburgh Symphony Orchestra, das heuer seine Gründung vor 125 Jahren feiert, leiteten in der Vergangenheit Persönlichkeiten wie Otto Klemperer oder der von ihm protegierte aus Deutschland stammende William Steinberg. Seit 2008 ist der Vorarlberger Manfred Honeck Chefdirigent – der sich am Mittwoch (31.8.) im Großen Festspielhaus penibel an die von Ligeti vorgesehene Spieldauer von elf Minuten hielt. Andere Dirigenten nahmen auch schon ihrer fünf mehr in Anspruch, um Ligetis komponierter Statik zu entsprechen.

Einzeltöne einer Flöte aus dem Nichts. Um diese scharen sich mikropolyphon andere Instrumente und lassen die vorerst klare Intonation aus dem Reinen abdriften. Höchste und tiefste Register kontrastieren, bis nach einer Klimax das Ganze wieder verebbt. An sich keine unverständlich schwere Kost, war aber, dem eher höflichen Beifall nach zu schließen,  doch nicht so ganz nach allgemeinem Geschmack.

Zu Ligetis Verwandten zählt der einst berühmte Geigenvirtuose Leopold Auer. Und so passte danach gedanklich Ludwig van Beethovens Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61 durchaus. Dieses war nach längerer Absenz wieder zu erleben und zeitigte schon nach dem Kopfatz langanhaltenden Beifall, der sich nach dem Finale in stürmische Standing Ovations hinein steigerte. Der Publikumswunsch stand wohl auf Nachschlag, dem Solistin Anne-Sophie Mutter allerdings nicht entsprach. Eigentlich rechnet das Werk unter ihr Kernrepertoire und so irritierte Mutters diesmal gezeigter Zugriff umso mehr. Nicht, was die Technik anlangt: Sie gebietet nach wie vor über leiseste, fast schon gesäuselte Spitzentöne und, als Kontrast dazu, ritt sie auch manch kraftvolle Attacke, wie etwa in der letzten an Paganini'sche Virtuosität grenzenden Kadenz. Das alles wirkte aber nicht wie aus einem Guss. Und lauter aneinanergereiht schöne Momente können, spannungslos, auch Langeweile verbreiten.

Ähnlich ging es mit des Jägers Leichenbegängnis von Mahlers gleichfalls in D-Dur stehender erster Symphonie, die den Komponisten bis ein Jahr vor seinem Tod beschäftigte. Es wäre Information darüber durchaus interessant gewesen, welcher Version – abgesehen vom eliminierten Blumine-Satz – Manfred Honeck den Vorzug gab. Er reizte jedenfalls das exzellente Können all seiner Musikerinnen und Musiker aus Pittsburgh in jegliche nur mögliche Dimensionen hin aus: Vom Naturlaut des Beginns bis zum abschließenden klanglichen Exzess, in dem sich die Trompetenriege und – wie vom Komponisten gewünscht – alle acht Hornisten stehend austoben durften.

Ganz beglückte Honecks Sicht aber doch nicht, speziell was den zweiten Satz betraf. Es bedarf keines besonderen Hinweises, dass es sich dabei um einen Ländler handelt, in den allerdings keineswegs noch zusätzlich geradezu karikierend hinein gestolpert werden muss. Damit schoss Honeck einfach über's s Ziel hinaus. Genauso wie in der fast wie eine Persiflage auf Richard Strauss‘ Rosenkavalier-Walzer anmutenden Zugabe. Aufforderung nach 22 Uhr, das Große Festspielhaus zu verlassen.

Bilder: SF / Marco Borelli
 

 

 

 

 

 

 

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