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Ohne Rauch geht’s nicht!

GASTKOMMENTAR

Von Norbert Mayr 

23/12/14 Ein teils übertriebenes Schutzbedürfnis im Altstadtkern, draußen hingegen Tabula rasa: Das „Salzburger Stadtzerstückelungsmodell“ ist eingespielt. Der öffentliche Ort Riedenburghalle (1926) fällt – trotz Erhaltungsempfehlung – einer künftigen Wohnsiedlung zum Opfer. Marco Sillaber von der Panzerhalle BetriebsgmbH kaufte die „Panzerhalle“ (1939, ehemalige Struberkaserne), versprach hoch und heilig, den innenräumlich beeindruckenden Hallenkomplex mit seiner eleganten Holzbinder-Konstruktion zu erhalten und zu adaptieren, schwärmte gar vom Einsparungspotenzial gegenüber einem Neubau. Nachdem ihm die Stadt als Belohnung tausende Quadratmeter zusätzliche Verbauung gewidmet hatte, errichtete die Panzerhalle BetriebsgmbH einen Neubau, nur einige Prozent der Bausubstanz – Mauern und Tore – blieben erhalten.

Wie diese beiden Hallen, so wurde auch das Industriedenkmal Rauchmühle vom Landeskonservatorat ignoriert. Der langjährigen Forderung nach bauhistorischen Gutachten entsprach die Stadtplanung bei diesem Bauensemble allerdings viel zu spät, erst am Ende der Masterplan-Entwicklung für ein Wohnquartier. Unter Architekturhistorikern und Stadtforschern lag längst auf der Hand, dass das „Alte Silogebäude“ (1911) einerseits eine äußerst bemerkenswerte Holzkonstruktion und räumliche Struktur besitzt, andererseits eine unverzichtbare Landmark im Stadtteil Lehen darstellt.

Die wissenschaftlich fundierte bauhistorische Studie der Kunsthistorikerin Jana Breuste bestätigt die Bedeutung des Silos: „Ein Abriss kann aufgrund der hohen architektonischen Qualität, des guten Erhaltungszustandes, der stadtteil- historischen und industriegeschichtlichen Wertes nicht begründet werden.“ Breuste nennt vergleichbare und zudem denkmalgerechte Umnutzungen wie die Kunstmühle Rosenheim, diese hat sich die zuständige Sachbearbeiterin der Stadtplanung allerdings nur im Internet angeschaut. Die Verantwortlichen beschäftigen sich mit Baugeschichte äußerst oberflächlich wie inkonsequent. Der mit dem Projektentwickler Prisma gestrickte Masterplan Rauchmühle hat den Silo zum Abriss freigegeben, der Gestaltungsbeirat hat diese Fehlentscheidung mitzuverantworten.

Die Stadt erklärte der Öffentlichkeit in der „Info-Ausstellung“, dass neben der Ceconi-Villa die anderen beiden „bauhistorisch wertvolle[n] Bauteile,  ([…] das alte Mühlenhaus und das Maschinenhaus) erhalten bleiben“ würden. Die Villa steht ohnehin unter Denkmalschutz, tatsächlich sollen die anderen Teile des Industrieensembles entweder ganz oder bis auf die Fassaden abgerissen werden. In kultivierten Kommunen in Europa gilt seit Jahrzehnten eine Entkernung nicht mehr als zeitgemäße Erhaltungsstrategie.

Das Maschinenhaus wurde im Gutachten aufgrund zahlreicher Veränderungen als nicht erhaltungswürdig eingestuft, soll aber vermutlich wegen schallschutztechnischer Erwägungen bestehen bleiben.Die Betreiber sehen das Rauschen des Glanmühlbachs als Störun, daher soll der historische "Energiefluss" unter dem Mühlengebäude gekappt werden und – oberirdisch geführt – nach der Unterführung der S-Bahn in einer scharfen Links-Kurve abbiegen, was den Abriss des niedrigen Turbinen-Hauses zur Folge hat.

Es wird also erhalten, was nicht erhalten werden muss und abgerissen, was für die Erhaltung empfohlen wurde. Diese absurde Auswahl lässt folgern, dass das Gutachten nur eine Alibi-Funktion gegenüber der Öffentlichkeit hatte. Im Grunde wird – bis auf wenige Fassadenerhaltungen – alles so umgesetzt, wie vor der Studie, die eigentlich den Ausgangspunkt jeglicher Überlegungen hätte bilden sollen.

Offensichtlich ist in Salzburg ein strukturelles Umdenken nicht in Sicht. Die Verantwortlichen kennen keine ressourcenschonende Stadt(teil)entwicklung, die hochwertige Bausubstanz und räumliche Potenziale erkennt, die als öffentliche Orte und authentische Identifikationspunkte unverzichtbar für die oft uniformen Nachbarschaften sind.

Zu den Beiträgen von Jana Breuste: Vom Mühlrad zur Kunstmühle
und Es ginge um ein Stück Lehen-Identität

 

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