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Alter Mozart, frischer Strawinsky

CAMERATA / PINCHAS ZUCKERMAN

16/12/13 Wie ein Besuch aus längst vergangenen Tagen mutete das Gastspiel von Pinchas Zukerman als Geiger und Dirigent der Camerata an. Schier endlose Vibratoorgien und zutiefst romantische Sichtweisen sind bei Mozart heutzutage einfach schon sehr ungewöhnlich.

Von Paul Kornbeck

028Gleich vorweg – das Publikum feierte den rüstigen älteren Herrn geradezu überschwänglich. Er kann ja auch immer noch toll Geige spielen, zweifellos, und betont konservativem Hörempfinden kommt seine Ästhetik sehr entgegen. Mitunter hätte der Rezensent glauben können, plötzlich wieder anno 1970 im Wiener Musikverein zu sitzen und der Mozart-Interpretation eines Karl Böhm zu lauschen, wäre da nicht die doch etwas härter fokussierte Spielweise der Camerata gewesen.

Nicht, dass anno 2013 eine mehr atmende, in Details weichere, bedachtsamere Annäherung an Mozart als die diverser schnittiger Zeitgeist-Taktstock-Athleten so falsch wäre. Aber wenn man zufällig gerade Aufnahmen mit Sándor Végh gehört hat, wird schnell klar, wie weit Zukerman davon entfernt ist, mögen sich auch die Tempi ähneln. Die Es-Dur-Symphonie KV 543 ist romantischer, als viele moderne Barockmenschen denken, aber gar so wuchtig und zähflüssig wie diesmal müssten Einleitung und Andante nicht daherkommen. Im Menuett und im Finale dagegen schien der Geist Véghs eher zugegen zu sein. So war für ein rauschendes Finale des Konzerts gesorgt und die gute alte Mozartkugel rollte in der Zugabe fröhlich weiter.

Begonnen hatte dieser zweite Teil mit Beethovens erster Violinromanze in schwelgerischer Romantik, was dem hübschen Stück freilich eher passte als vor der Pause dem Violinkonzert aus der „Haffner-Serenade“. Da streifte das süßliche Dauervibrato im Andante leider wirklich das Ärgerliche. Schon klar, Leopold Mozart wetterte in seiner Violinschule nur deswegen gegen das Vibrato, weil es dieses auch damals gegeben hat – aber es könnte doch sparsamer eingesetzt werden. Monochrom und, pardon, gleichförmig überzuckert erklangen dann auch Menuett und Rondeau. Natürlich ist Zukerman ein gewiefter Musikant und hatte das Ganze mit der willig, ja sogar freudig folgenden Camerata perfekt und partnerschaftlich einstudiert.

Der Höhepunkt des Konzerts war jedoch der Anfang. Denn Igor Strawinskys Ballettsuite „Pulcinella“ gelang wahrlich famos. Pinchas Zukerman leitete das Orchester mit Animo und merkbarer Liebe zu diesen genialen Barock-Übermalungen – übrigens sind so gut wie alle Originale entgegen Strawinskys Wissensstand nicht von Pergolesi, aber schöne Tanznummern sind sie trotzdem. Und wie der Komponist mit listigen rhythmischen Veränderungen und raffinierter Instrumentation aus dem Alten gleichsam neue Musik geschaffen hat, und zwar solche, die keine Großschreibung benötigt, und ebenso solche, die einfach Spaß auf höchstem Niveau machen darf, sorgt immer wieder für Freude. Die wunderbaren Solistinnen und Solisten der Camerata konnten dabei ihre ganze klangliche Souveränität vorführen, präzise, intensiv und bei aller Ironie empfindungsvoll. Man würde gerne mehr klassische Moderne von ihnen hören!

Bild: Paul Labelle

 

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