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Bruder Virus, Schwester Roboter

OPEN MIND FESTIVAL

08/11/21 Macht Euch die Erde untertan... Das war nie als biblischer Freibrief für Ausbeutung und Zerstörung gemeint. Beim Menschen, „Krone der Schöpfung“, ist es aber so angekommen. Das Open Mind Festival fragt von 11. bis 20. November: „Was, wenn wir die Welt nicht mehr aus einer Perspektive betrachten, in der der Mensch allein das Maß aller Dinge ist?“

Von Heidemarie Klabacher

„Wie würde eine Welt aussehen, in der wir nicht nur unsere Mitmenschen, sondern alle Lebewesen, von den Primaten bis zu den Amöben und Pflanzen als gleichwertige Artgenossen betrachten.“ Damit beschäftigt sich das von Theresa Seraphin und Sebastian Linz kuratierte Open Mind Festival der ARGE Kultur von 11. bis 20. November. Bruder Pantoffeltier, Schwester Schmeißfliege also? Oder Bruder Roboter, Freundin Atavar? In Theater-Performances, Medienkunstprojekten, Lesungen, Konzerten und Diskussionen werde „dieser Gedanke lustvoll und intellektuell anspruchsvoll zugleich erkundet und erlebbar gemacht“.

Wie immer gibt es einen theoretischen Über- oder Unterbau: „Keine Art handelt allein, nicht einmal unsere eigene arrogante, die auf Basis sogenannter moderner, westlicher Skripte so tut, als würde sie aus artigen Individuen bestehen“, zitieren Seraphin und Linz die Naturwissenschaftshistorikerin und Frauenforscherin Donna Haraway. Deren Aufruf an die Menschheit – „Macht euch verwandt“ – ist das Festival-Motto: „Ganz egal, wer und was wir sind, wir müssen mit-machen – mit-werden, mit-komponieren – mit den Erdgebundenen.“ In einem Interviewfilm des belgischen Filmemachers Fabrizio Terranova kommt Donna Haraway im Rahmen des Festivals selbst zu Wort. Sie nennt das Zeitalter übrigens Chthuluzän.

Das Theaterkollektiv Rimini Protokoll wird seine jüngste Filmproduktion Temple du present zeigen, die in Koproduktion mit der ARGE Kultur Salzburg hergestellt wurde. „Der Film dokumentiert die Dialogversuche zwischen einem Oktopus und den Menschen, mit denen er im Rahmen eines Theaterprojektes in Kontakt gebracht wurde“, so die Kuratoren. Stephan Kaegi, Mitglied des Theaterkollektivs Rimini Protokoll, ist auch in der Diskursreihe Art GenossInnen zu Gast. Die insgesamt vier Diskussionen setzen sich, so die Kuratoren, „mit den komplexen Beziehungsgeflechten zwischen den Arten auseinander und vertiefen die Gedankenbewegung des Festivals vom Anthro- und Chthuluzän“. Im Zentrum stehe „das Tier Mensch und sein sich wandelndes Selbstverständnis“.

Die Truppe „fachbetrieb rita grechen“ und das „Wisp Kollektiv“ präsentieren als Österreichische Erstaufführung das Stück Viecher, eine „immersive Performance“, die eine davon Ahnung vermitteln will, wie das von Donna Haraway ausgerufene Zeitalter vom Miteinander aller Lebewesen aussehen könnte.

Auch das „digitale Maskottchen“ der ARGEkultur, der argeBOT, ist wieder mit von der Partie, „er wartet in unserem Foyer und auf unserer Website darauf, mit Ihnen in Kontakt zu treten“, versprechen Theresa Seraphin und Sebastian Linz. „Nachdem unser digitales Langzeitprojekt, der argeBOT, sich beim letzten Open Mind Festival erstmalig online gezeigt und zum vierzigjährigen Jubiläum der ARGEkultur im April diesen Jahres in ein sprechendes Archiv verwandelt hat, nähert er sich nun dem Gedankenkosmos von Donna Haraway an.“ Dazu wurden die Identität des BOTs durch einen „Autor*innen-Schwarm“ erweitert, seine Dialogstruktur und Antworten neu entwickelt. Wie jedes Mit-Geschopf freut sich auch der argeBOT auf Ansprache und Zuspruch.

Open Mind Festival - analog wie digital - von 11. bis 20. November - Festivalpass 40 Euro, Streaming-Festivalpass 20 Euro - www.argekultur.at - das Programmheft zum Download - www.argekultur.at
Bild: ARGEkultur / Rimini Protokoll (1);Philippe Weissbrodt (2)

 

 

 

 

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