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Schockstarre

THEATER IM KUNSTQUARTIER / PROTECTION

21/01/14 Liebe kann alles sein, traurig, ernüchternd, komisch und ohnmächtig. Alles nur nicht „schön und hoffnungsvoll“ – zumindest nicht im Stück „Protection“, der Abschlussproduktion des vierten Jahrgangs der Abteilung Schauspiel.

Von Oliwia Blender

436So ist die Lieb’: Ohne Küssen und ohne Umarmung, dafür mit unzähligen quälenden Gedanken, die dazwischen funken - im Kopf und lauthals auch außerhalb. Man steht dabei nebeneinander, selten zueinander und redet, schaut und rennt aneinander vorbei. Auf der leeren weißen Bühne wird monologisiert, über kurze intensive Begegnungen, über kleine Berührungen und mächtige Gefühle. Körperlich dargestellt aber werden die inneren Blockaden, äußeren Umstände oder auch einfach nur das „gemeine Leben selbst“, welche das Zulassen von Nähe und Zweisamkeit verhindern.

Anton Andreew, Ludwig Hohl, Elisa Plüss, Vassilissa Reznikoff, Simon Rußig und Alexander Tröger präsentierten am Freitag (17.1.) im Theater im Kunstquartier als Abschlussproduktion des vierten Schauspieljahrgangs das Stück „Protection“. Ein Stück der jungen Berliner Autorin Anja Hilling, welche Momentaufnahmen des angeblichen alltäglichen Wahnsinns aufzeigt. Es handelt von drei Begegnungen in der Großstadt, erzählt von drei Paaren auf der Suche nach Liebe – die verhindert wird vom Leben selbst.

438Ob es sich nun um die tuberkulöse Straßenmusikantin und ihren obdachlosen Verehrer Ross handelt, oder um den schwulen Beinamputierten, der nicht daran glaubt, dass man ihn lieben könnte oder um das traumatisierte Opfer eines Sexualverbrechens – es wirkt paralysierend. Als Zuschauer verfällt man in eine Art Schockstarre, es ist wie ein Unfall bei dem man nicht wegsehen kann. Aber man wünscht sich doch, es möge endlich vorbei sein. Mit jedem neuen Paar, das auf die Bühne tritt, stirbt ein wenig mehr die Hoffnung auf die ersehnte Leichtigkeit einer Liebesbegegnung.

Von „modernen“ Schock-Elementen, ausgelöst durch Projektionen, Bildern oder sonstigem Einsatz von Medien, ist hier aber nicht die Rede. Alleine der Körper der Schauspieler wird dazu benutzt die Behinderung, die Verletzbarkeit, die Stagnation, das Trauma und die Angst darzustellen. Das stumme Leiden im Innern und die Blockaden, die eine Beziehung verhindern, nehmen so greifbare Gestalt an. Und damit es auch unmissverständlich bei jedem Zuschauer ankommt, werden die harten Worte von gewaltigem Druck auf der Stimme unterstrichen.

437Der Einsatz von Medien beschränkt sich konkret auf das kurzzeitige Einspielen lauter Technomusik – und das auch nur im Schwulenklub. Man geht hier eher „klassisch“ vor: Die Darstellerin selbst spielt Kontrabass und singt dabei ihr Trauerlied. Die Kostüme von Annelies Vanlaere charakterisieren die jeweiligen Paarkonstellationen und verhelfen somit zu nahtlosen Übergängen zwischen den verschiedenen Figuren und Schauplätzen.

Das weiße leere Bühnenbild von Maria Moser symbolisiert eine Projektionsfläche, einen Nicht-Ort für all die alltäglichen Begegnungen, den möglichen Wahnsinn der Zweisamkeit. Kai Ohrem inszeniert ein Stück, für dessen Umsetzung Schauspieler gebraucht werden, die alleine durch ihre Präsenz und mutige körperliche Darstellung starke Emotionen transportieren können. Und das ist beiden Seiten gelungen: man kann sich dem beklemmenden Gefühl in der Brust nur schwer entziehen.

Protection – weitere Aufführungen ab März - 21. und 22. März, 3. und 4. April, 10. und 11. Mai  jeweils um 20 Uhr im Theater im KunstQuartier (Paris-Lodron-Straße 2 a) - www.uni-mozarteum.at
Bilder: Thomas Bernhard Institut/Christian Schneider

 

 

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