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Brandteigkrapferl gegen Einsamkeit

ARGEKULTUR / OPEN MIND FESTIVAL

14/11/14 Das Verzehren eines solchen authentisch-cremegefüllten österreichischen Backwerks ganz ohne Kuchengabel war das Aufregendste und Gehaltvollste in der Produktion „Mein Leben im Busch von Sarajewo“. Sonst war zu erfahren, dass neoliberale postkolonialistische Bankerinnen genauso unter Einsamkeit leiden wie Normalsterbliche.

Von Heidemarie Klabacher

Das Grazer „Theater im Bahnhof“ gastiert mit der Produktion „Mein Leben im Busch von Sarajewo“ beim Open Mind Festival. Nach der Uraufführung im September in Sarajewo stand am Donnerstag (13.11.) die Österreichische Erstaufführung beim Koproduktionspartner ARGEkultur ins Haus. Im März gibt das „Theater im Bahnhof“ das Stück daheim in Graz. Es spielen Pia Hierzegger, Eva Hofer und Monika Klengel. Ein namenloser professioneller Masseur tritt auf und in Aktion. Atmosphäre vermitteln die als Anschauungsmaterial jeweils vom Bühnenrand herbei oder aus Kisten geholten Fotografien von Jasmin Sakovic.

Rusmir Piknjac untermalt das Stück – eine Party von Auslands-Österreicherinnen in Sarajewo - überaus reizvoll mit Akkordeon-Klängen. „Immer alles in Moll“ schreit eine der Damen ihren interkulturellen Frust hinaus „aber ich liebe es!“ Wir – also ich – auch. Tatsächlich hat allein die feine leise Musik das ebenso hektische wie langatmige neunzigminütige Wühlen in weiblichen Wunden dort erden können, wo man hätte sein wollen: Auf dem Balkan, in Bosnien, in Sarajewo - einer ebenso fremden wie reizvollen „südlichen“ Umgebung, die für Bankfrauen (und Bankmänner) letztlich doch nur zum Schröpfen da ist. Geschröpft, etwa mit neun Prozent Kreditzinsen, wird vielleicht auch aus Rache, weil sich die dortige Kultur und Gesellschaft den billigen Avancen der Segensbringerinnen aus dem Bankensektor entzieht, genau wie der Musiker in der Bar…

Gutes Geld scheffeln, und keineswegs finanzielle Entwicklungshilfe leisten, ist primäres Anliegen von Investoren. So die wenig überraschende Erkenntnis. Und Ehemann oder Bettgenossen findet man auch im Ausland keinen. Und wenn frau doch einen gekriegt hat, einen Bosnier mit tiefblauen Augen, verzweifelt sie an den archaischen gesellschaftlichen Strukturen „dort unten“.

Viel Spannendes gäbe es zu diskutieren.Die wackeren Selbst-Entblößungen der Damen liefern aber keine referierenswerten Beiträge. Zusammengestellt worden ist das Stück aus Originalzitaten aus Interviews mit Auslands-Österreicherinnen und Auslands-Österreichern aus der Geldbranche, die in Sarajewo arbeiten. Was sich mit Wirtschaftliberalismus zu beschäftigen vorgibt, bleibt die dramatisierte Kummerseite aus dem Magazin für die kinderlose Businessfrau in der Lebensmitte.

Weitere Aufführungen am Samstag (15.11) und am Sonntag (16.11.) – weitere Termine beim Open Mind Festival  www.argekultur.at

Bild: Jasmin Sakovic

 

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