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Ewiges Licht

FESTSPIELE / KONTINENT RIHM 5 / ARDITTI QUARTETT, HILLIARD ENSEMBLE

08/08/10 Was für eine schöne Dramaturgie, wenn man durch die Fenster im nun blütenweißen Altarraum der Kollegienkirche sieht, wie die Dunkelheit hereinbricht - und zugleich bekommen wir in der Musik vermittelt, dass das ewige Licht doch nicht verlöscht.

Von Reinhard Kriechbaum

"Et Lux" - für dieses im Vorjahr entstandene einstündige Werk von Wolfgang Rihm ist am Samstag (7.8.) abends nochmal die Uraufführungs-Besetzung zusammengekommen: das Arditti Quartett und das Hilliard Ensemble in Quartettbesetzung. Von "Deus Passus", einer Paraphrase auf die Lukas-Passion, bis zu dem erst jüngst in der Kontinent-Reihe der Festspiele aufgeführten Chor-Orchesterwerk "Quid est Deus": Wolfgang Rihm hat einen Draht zu spirituellen Themen, und es ist auffallend, dass er dabei stark festhält an den eigenen christlichen Wurzeln. Er schwimmt nicht mit der scheinbar so kräftigen Strömung der multikulturellen Religions-Vermengung. Rihm bleibt unmittelbar an den christlichen, ja: sogar an den katholischen Texten. Die postmoderne Neu- und Umdeutung gewinnt er nicht aus der Konfrontation mit fremdartigen spirituellen Vorstellungen.

In dem genau einstündigen Streich-/Vokal-Oktett "Et Lux" ist durchaus unsere Zeit, ist unser Umgang mit religiösen Fragen gespiegelt. Denn da ist nicht mehr der Blick aufs Ganze, konkret: auf den kompletten Text des "Requiems" (dem die Liturgiereform der sechziger Jahre ja das grimmige "Dies irae" ausgetrieben, dieses also aus der Totenmesse ausgeschieden hat). Es ist wohl so, dass die meisten Menschen nur mehr Floskeln im Kopf haben. "Et lux perpetua luceat eis" mag ein solcher Textbrocken sein, den auch der Kirche mäßig Fernstehende noch im Hinterkopf haben. Und "Libera me" klingt auch in vielen Ohren trostreich. Diese Worte hat Rihm herausgenommen, vermengt mit Text-Bruchstücken aus den Requiem-Teilen. Da taucht schon auch die eine oder andere Floskel aus dem heutzutage verpönten "Dies irae" auf - schließlich will uns Rihm durchaus die himmlische Befreiung, das ewige Licht nicht als die sprichwörtliche "g'mahte Wies'n" vorführen.

Eine konzentrierte Stunde der Kontemplation. Im Prinzip eine Folge langsamer Sätze, was auch an Haydns "Letzte Worte" denken lässt oder meinetwegen an Schostakowitsch' 15. Streichquartett. Die Musik verliert sich nicht in meditativem Nirwana. In einem ruhigen, aber komplexen und durchaus mal impulsiven Instrumentalsatz, über die sich der Vokalpart in oft süffigen, vollen Harmonien legt. Es wäre nicht Rihm, wenn da nicht ein madrigalesker Grundton wäre.

Bittend, flehend, mit der Gewissheit, dass das Rufen wohl nicht auf ertaubte göttliche Ohren stoßen wird - vom Lärm der modernen Welt ist dieses Stück und hoffentlich auch sein Adressat nicht irritiert.

Zu hören am 16. August um 23.03 Uhr in Ö1

 

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