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Reise ins Inferno

FESTSPIELE / MACBETH

28/07/23 Zum dritten Mal nach Hans Werner Henzes The Bassarides 2018 und Richard Strauss´ Elektra 2020 inszeniert Krzysztof Warlikowski eine Oper bei den Festspielen. Asmik Grigorian debütiert, nach Marie in Wozzeck und Salome sowie Chrysothemis in Elektra, heuer als Lady Macbeth. „Eine Aktualisierung hat das Stück nicht nötig.“

Krzysztof Warlikowski hat Macbeth bereits 2010 in Brüssel inszeniert, für ihn ist es nicht nur eine neue Annäherung an das Werk, sondern nach seiner Pariser Hamlet-Inszenierung im März heuer bereits seine zweite Auseinandersetzung mit Shakespeare: „Beide Opern haben ihre Wurzeln in mythologischen Stoffen der Antike und basieren auf zwei wesentlichen Werken der Weltliteratur – musikalisch haben wir es aber mit zwei unterschiedlichen Universen zu tun.“ Die Handlung spiele in einer Zeit mit wahnsinnig gewordenen Figuren.

„Letztendlich ist Macbeth eine Reise ins Inferno.“ Er habe sich von Assoziationen zu Bernardo Bertoluccis Film Der große Irrtum inspirieren lassen, sagt Warlikowski. „In dem Moment, in dem Macbeth die Hexen über seine Zukunft befragt, liegt eine bewusste menschliche Entscheidung mit dem Ziel, sich davon leiten zu lassen. Das ist das Gegenteil einer passiven Schicksalsergebenheit.“ Beim Hexenorakel gehe es auch um die Paarbeziehung zwischen ihm und Lady Macbeth. „Es geht es darum, dass sie keine eigenen Kinder bekommen können, ein Thema, das Paare als Basis ihrer Beziehung und ihrer gemeinsamen Zukunft beschäftigen kann.“ Macbeth und Lady Macbeth als Paar stehen jedenfalls im Zentrum der Inszenierung.
Asmik Grigorian über die Beziehung: „Grundsätzlich versuche ich auf der Bühne, den Menschen hinter der Rolle zu ergründen. Ich will mich in die Situationen, die sie durchlebt, hineinversetzen.“ Eine Paarbeziehung sei immer dynamisch, sie wolle daher auch die Verletzlichkeit und ihre Schwächen herausarbeiten. „Nur das Dunkle und Böse“ in einer Figur darzustellen, interessiere sie: „An eindimensionale Charaktere glaube ich nicht. Ich bin Krzysztof Warlikowski sehr dankbar dafür, dass er die Geschichte so erzählt, dass alles, was geschieht, eine Ursache und ein Motiv hat.“

Małgorzata Szczęśniak, verantwortlich für Bühne und Kostüme, wollte einen Raum schaffen, der zugleich „universell, metaphorisch und poetisch“ bezeichnet werden könne. Das Konzept sei losgelöst von Bildern, mit denen man etwas Kriegerisch-Militärisches, assoziiert. Inspirieren lassen habe sie sich vom „Jeu de paume“, dem „Spiel der Könige“ aus der Zeit der Renaissance, einem Vorläufer des heutigen Tennis-Spiels. Die Kostüme sind angelehnt an den italienischen Stil der 1920er/1930er-Jahre, zitieren die Filmwelt von Il conformista, „in dem sich rein äußerlich ein normales Leben abspielt“.
„Nicht nur in Bezug auf die Handlung spielen Kinder eine wichtige Rolle. Sie verkörpern generell etwas Instinktives, ein Überraschungselement, das formellen Zwängen nicht gehorchen muss. Auch deswegen sind Kinder in unserem Konzept auf der Bühne“, sagt Warlikowski. Und Asmik Grigorian ergänzt: „Die Präsenz der Kinder hilft auch mir persönlich bei der Interpretation dieser Rolle. Die radikalen Entscheidungen der Lady Macbeth gehen auch auf ihre eigenen Verletzungen als Kind zurück.“
Beeinflusst die aktuelle politische Weltlage die Inszenierung? „Eine Aktualisierung hat das Stück nicht nötig. Für uns stand die Frage im Vordergrund: Was lässt Menschen den Drang verspüren, zu töten? Für oberflächliches Schwarz und Weiß hat das Werk zu viele Zwischentöne.“

www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: SF /J an Friese

 

 

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