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Zweifler und Plaudertaschen

FESTSPIELE / MOZART-MATINEE

26/08/23 Mozart und Lorenzo Da Ponte waren ein winning team nicht nur in Sachen Cosi, Figaro und Don Giovanni. Natürlich haben auch andere Komponisten Texte von Da Ponte vertont, etwa der Katalane Vincente Martín y Soler. Für dessen Buffo-Oper Der gutherzige Griesgram hat Mozart zwei Einlagesätze geschrieben.

Von Reinhard Kriechbaum

Auch da beste Teamarbeit, Mozart und Da Ponte als kongeniale Affektgestalter. Und in der letzten Mozart-Matinee dieser Festspiele (26./27.8.) eine Interpreten-Konstellation, die das so recht herausgebracht hat: Die Sopranistin Golda Schultz, eine Mozart-Stilistin von Rang, und der Dirigent Antonello Manacorda. Er ist aufführungspraktisch bestinformiert, und so hat er mit dem Mozarteumorchester ein Maximum an Klangrede umgesetzt.

Die ist hier besonders notwendig, denn in den beiden Arien Vado ma dove? Oh Dei! Und Chi sà, chi sà, qual sia geht es um höchst ambivalente Gefühlslagen. Eine Ehefrau, steckt voller Zweifel, was die Geheimnistuerei ihres Ehemanns bedeuten soll (er hat Sorgen finanzieller Art, aber das weiß sie eben nicht).

Nicht nur die hohen Köchel-Nummern KV 582 und 583 legten nahe, diese Stücke mit zwei bekannten Szenen aus Da Ponte-Opern zu koppeln, zeitlich im Umfeld entstanden: Das Fiordiligi-Rondo Per pietà, ben mio aus Cosi fan tutte und die Donna Anna-Arie Non mi dir, bell'idol mio aus Don Giovanni.

Da hatte Golda Schultz – bei den Festspielen als Sophie im Rosenkavalier und Vitellia im Tito bestens eingeführt – also allerbeste Optionen, sich die Gefühlsskala auf und ab zu arbeiten, mit allen Zwischentönen, die ihr zur Verfügung stehen. Ihre Stimme hat eine sehr charakteristische dunkle Färbung ab der mittleren Lage, was reiche Differenzierung ermöglicht. Im Diskant, vor allem in den Koloraturen (vor allem als Donna Anna) ist Schultz' Stimme wie schwerelos geführt. Auf diese Sängerin, auf der Höhe technischer Möglichkeiten und vor allem mit eindringlicher Gestaltungskraft, dürfte man heutzutage in keinem hochkarätigen Mozart-Ensemble verzichten.

Um den aussagekräftigen Arien-Block ein erstes und ein letztes Ding. Harnoncourt hat einmal gesagt, Mozart sei als Genie geradezu vom Himmel gefallen. Das haben Antonello Manacorda am Sinfonie-Erstling Es-Dur KV 16 des Achtjährigen anschaulich gemacht, indem sie die dem Werk eingeschriebene, eigentlich gängige Rhetorik der Zeit mit größter Aufmerksamkeit und Eloquenz nachgezeichnet haben. Allein der Einstieg in den ersten Satz, das kurze, deutlich anschwellende Fanfaren-Motiv der Geigen, das abgelöst wird von Vorhalte-Ketten der Holzbläser, aus denen wiederum die Celli und Bässe mit einem Schwung nehmenden Motiv wegführen. So viel Potential in wenigen Takten! Höchst originell auch, wenn man so aufmerksam vermittelt, wie im langsamen Satz Hörner und erste Oboe gleichsam um die melodische Vorherrschaft wetteifern. Das wirkte wie eine kleine Opernszene ohne Worte.

Nach der Pause dann die Jupiter-Sinfonie, logischerweise eine andere Welt. So vertraut uns diese auch sein mag: Der höchst aufmerksame Antonello Manacorda setzte auf reichhaltige Agogik, hat manchen melodischen Seitengedanken deutlich eingebremst, sehr bestimmt artikulierte Phrasen charmant ins Pianissimo verduften lassen, Atem-Punkte mit Pikanterie gesetzt.

Wie viele „Plaudertaschen“ es doch gibt in Mozarts sinfonischen Erzzählungen, egal ob ganz früh oder ganz spät. Das hat einen an diesem Vormittag Ohren spitzen lassen. Jubel im Auditorium und aus gutem Grund sehr beglückte Gesichter auch hinter den Pulten. Das Mozarteumorchester hat sich wohl gerne herausfordern lassen von diesem Dirigenten, der bemerkenswert viel zu sagen hat zu Mozart und dies mit spürbarem Teamgeist umsetzt.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli

 

 

 

 

 

 

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