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Psychisch gesund durch Religiosität

HINTERGRUND / DISPUTATIONES

29/07/13 Psychotherapie und Psychiatrie erkennen die Spiritualität zunehmend als eine Komponente des Lebens, die der psychischen Gesundheit "sehr helfen kann" und den Menschen freier macht. So der Neurowissenschaftler Raphael M. Bonelli jüngst bei den „Disputationes“.

Die "Disputationes" waren ein Forum von Vorträgen und Diskussionen, das die „Ouverture spirituelle“ der Festspiele begleitete. Das Herbert-Batliner-Europainstitut hat die Veranstaltungen ausgerichtet. Einer der Gäste war der in Wien tätige Psychiater, Psychotherapeut und Neurologe Raphael M. Bonelli.

"Vergleichbar mit Empathie, ist Religiosität eine Fähigkeit, die jeder hat und fördern oder brach liegen lassen kann", so der Leiter des Instituts RPP (Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie). Über weite Strecken des 20. Jahrhunderts sei Religion in der Therapie ignoriert oder sogar als Blockade angesehen worden, berichtete Bonelli, der auch an der Wiener Siegmund-Freud-Privatuniversität lehrt. Dies sei ein "überholtes" Erbe Sigmund Freuds, dessen Einstellung zu Religion als "kollektive Zwangsneurose" auch heute noch die Medizin- und Therapieausbildung präge. Immer mehr würden diese Vorbehalte jedoch aufbrechen, "die Fachwelt denkt um und erkennt, dass Spiritualität gesund ist", so der Wiener Forscher.

Einen Nachweis für die wissenschaftliche Basis dieser positiven Auswirkungen hat Bonelli jüngst durch eine gemeinsam mit Kollegen von der Duke University durchgeführte Metastudie erbracht. Gezeigt wurde anhand aller hochrangiger internationalen Forschungen zum Thema seit 1990, dass Depression, Sucht oder Suizid bei religiösen Menschen deutlich seltener auftreten als bei Atheisten.

Mit diesen Ergebnissen synchron gehen Erkenntnisse der modernen Psychotherapie. So riet etwa der US-amerikanische Psychologe Martin Seligman, Spiritualität als Ressource des Menschen zu erkennen und wertzuschätzen. Therapeuten müssten jedoch, so Bonellis Forderung, zwischen Religion und Religiosität klar unterscheiden. Glaubensinhalte seien nichts für die Therapeutencouch. "Anders als Religion, die bei der Therapie außen vor bleiben muss, vermittelt Religiosität keine Inhalte, sondern beschreibt allein die Haltung gegenüber der Transzendenz als eine Dimension des Menschseins."

Allerdings gebe es auch Fehlformen einer neurotischen Spiritualität, "die ängstlich, klein und eng macht und Menschen verbittert", wie Bonelli beschrieb. Häufig anzutreffen seien hier Besserwisserei, Verachtung anderer aufgrund des eigenen Glaubens, Umdeutungen der Kirchenlehre, "weil es eben im eigenen Leben anders läuft", mitunter auch das Abgleiten in Rassismus. Religion werde hier für eigene Zwecke missbraucht. "Da es hier um den Schutz des Egos statt um Glaubensüberzeugung, um die Sache an sich und um den anderen geht, schließt diese Form Nächstenliebe aus."

Manches in der katholischen Kirche sehe er aus Sicht eines Psychotherapeuten besonders positiv, so Bonelli. "Etwa, dass sie in der heutigen perfektionistischen Gesellschaft zu einem eigenen Schuldbekenntnis gekommen ist und auch der Priester in der Liturgie das 'mea culpa' mitsagt". Zweitens erwähnte er an dieser Stelle die Beichte, sowie als drittes, "dass die Kirche zur Bereitschaft zur Verzeihung einlädt. Das ist das beste Mittel gegen Verbitterung", betonte der Wiener Forscher. (Kathpress)

Bild: rpp-institut.org
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