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Ein Salzburger Prälat und eine heilige Zunge

EHRUNG / JOHANNES NEUHARDT

16/02/24 Heuer wird das Salzburger Dommuseum fünfzig Jahre alt. Es ist untrennbar mit dem Namen Johannes Neuhardt verbunden, der es gründete und bis 1994 leitete. Kürzlich hat der 93jährige Prälat, einst Österreichs längstdienender Diözesankonservator, eine hohe Auszeichnung der tschechischen Kirche erhalten.

Von Reinhard Kriechbaum

Eine Schnurre, die Prälat Johannes Neuhardt gerne erzählt und die seine guten Kontakte zu Tschechien (wo seine Vorfahren herkommen) illustrieren, ist jene von der vermeintlichen Zunge des Johannes Nepomuk. 1979 richtete Neuhardt eine Johannes Nepomuk-Ausstellung im Dommuseum aus. Eine der Reliquien des tschechischen Nationalheiligen ist eben jenes auf angeblich wundersame Werise unverweste Ding, das man für eine Zunge hielt. Der Legende nach keine böse und schon gar keine doppelte, sondern eine schweigsame. Johannes Nepomuk wusste dicht zu halten und ist deshalb unter anderem zum Patron des Beichtgeheimnisses geworden. Im Zuge der Vorbereitung der Ausstellung hat Neuhardt – wer seine Beharrlichkeit kennt, wundert sich nicht – durchgesetzt, dass diese Reliquie genauer untersucht wurde. Und siehe da: Die Zunge hat sich damals als Stück Kleinhirn herausgestellt.

Damit war die fromme Fama widerlegt, aber das hat man Johannes Neuhardt in Tschechien nicht krumm genommen. Er hat nämlich viel Positives bewirkt für die tschechische Kirche. Er hat vor allem geholfen, dass der damalige Kardinal František Tomášek während der kommunistischen Herrschaft Kontakt mit dem Ausland halten konnte. Der Kardinal leistete nämlich offen Widerstand gegen das kommunistische Regime und musste deswegen Repressalien erleiden. Neuhardt setzte beispielsweise alle diplomatischen Hebel in Bewegung, damit Kardinal Tomášek zu besagter Ausstellung im Salzburger Dommuseum reisen konnte. Dazu ließ er Kontakte zum damaligen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger spielen, der zuvor Botschafter in Prag gewesen war.

Außerdem vertiefte Neuhardt die Zusammenarbeit zwischen Salzburg und Prag vor allem in Bezug auf Kunstgeschichte und Museumsorganisation. Für die Prager Kathedrale besorgte der Salzburger Geistliche Reliquien der heiligen Agnes von Böhmen vom spanischen König, weil das Grab der Heiligen in den Hussitenkriegen vernichtet worden war.

Für solche Verdienste also hat Neuhardt nun die Gedenkmedaille in Silber des Erzbistums Prag erhalten. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner hat sie ihm stellvertretend für den tschechischen Amtskollegen Jan Graubner überreicht. Prälat Neuhardt ist ja nicht mehr so mobil, dass er zur Ehrung nach Prag hätte reisen können.

Prälat Johannes Neuhardt hat übrigens nicht nur das Salzburger Dommuseum gegründet, das jetzt Teil des DomQuartiers ist. Auf seine Initiative geht auch die Gründung des Stiftsmuseums Mattsee und des Augustinermuseum in Rattenberg (im Tiroler Teil der Erzdiözese Salzburg) zurück. Auch die Schatzkammer im Wallfahrtsmuseum Maria Kirchental hat Neuhardt eingerichtet. Weiters gründete Neuhardt den Kardinal-König-Kunstfonds.

Begegnungen mit Künstlern und Schriftstellern gehörten zu seinem Alltag. Die Einträge in seinem Gästebuch machen staunen. Der Theatermann Jürgen Flimm schrieb unter seinen Namen aufmüpfig „Ketzer“ (er war evangelisch). Sogar in einem Roman des Literaturpreisträgers Peter Handke kommt Neuhardt vor. Mehr als vier Jahrzehnte spielte Neuhardt gemeinsam mit Peter Handke, Hans Widrich und Peter Mittermayr Tarock. Peter Handke beschreibt in Der Chinese des Schmerzes diese Runde. Wenn es dort heißt „sagte der Priester“ ist Neuhardt gemeint. Er fühle sich übrigens von sehr präzise zitiert, sagte er in einem Gespräch mit dem DrehPunktKultur anlässlich der Literaturnobelpreis-Verleihung an Handke.

Bilder: dpk-krie (3)

 

 

 

 

 

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