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Zwischen Melancholie und Fiebertraum

FILMKRITIK / DES TEUFELS BAD

16/04/24 Mit ihren vor allem auch am internationalen Markt für Furore sorgenden Filmen Ich seh Ich seh (2014) und The Lodge (2019) hat sich das österreichische Regie-Duo Veronika Franz und Severin Fiala bereits einen Namen gemacht. Mit Des Teufels Bad kehrten sie nun zurück zu ihren heimischen Wurzeln und drehten statt in Kanada im Waldviertel.

Von Andreas Öttl

Das Resultat ist einer der außergewöhnlichsten österreichischen Filme der letzten Jahre, der nun mit elf Nominierungen als Favorit ins Rennen um den österreichischen Filmpreis geht. Basierend auf historischen Protokollen aus dem 18. Jahrhundert wird die Geschichte einer jungen Frau aus dem bäuerlichen Milieu (Anja Plaschg) erzählt. Der harte Alltag und vor allem ihre unbefriedigende, von psychischen Belastungen geprägte Ehe sorgen dafür, dass sich die tief religiöse und hochsensible Frau immer mehr in sich selbst zurück zieht, weg von der bäuerlichen Welt der Arbeit. Sie fühlt sich zunehmend fremd in dieser gefühlskalten Welt voller Entbehrungen und Erwartungen. Den einzigen Ausweg aus diesem inneren Gefängnis sieht sie in einem drastischen Gewaltakt.

Von der ersten schockierenden Szene an entfaltet Des Teufels Bad eine starke Sog-Wirkung, die vor allem durch den souveränen Einsatz des filmischen Instrumentariums hervorgerufen wird. Kameramann Martin Gschlacht wurde für seine Arbeit nicht umsonst bereits auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären in der Kategorie „herausragende künstlerische Leistung“ ausgezeichnet. Seine Bildgestaltung ist eine der großen Stärken des Streifens, vor allem in den Außenaufnahmen in der rauen Landschaft gelingen ihm atemberaubende und dennoch ungekünstelt wirkende Bilder.

Generell ist dies ein Film, der die in der Rezeption lange dominierende Theorie eines einzigen alleinigen Filmautors widerlegt. Denn zumindest eine weitere Person neben dem erwähnten Regie-Duo sowie dem Kameramann drückt dem Film unweigerlich ihren Stempel auf: Hauptdarstellerin Anja Plaschg ist das Gravitationszentrum von Des Teufels Bad. Sie vermag es, das seelische Leid der Protagonistin und ihre zunehmende Entfremdung auf eine unaufdringliche und dennoch sehr berührende Weise zu vermitteln. Auch die ungewöhnliche, von ihr unter ihrem Künstlernamen Soap&Skin komponierte Musik trägt wesentlich zur melancholischen Atmosphäre bei.

Der Anspruch des Regie-Teams an Authentizität (etwa auch in Bezug auf die oberösterreichischen Dialekte) sorgt dafür, dass die ländliche Welt des 18. Jahrhunderts hier so spürbar gemacht wie kaum je zuvor im österreichischen Kino. Neben diesen noch recht reduzierten, aber atmosphärisch dichten Alltagsszenen am Beginn beeindrucken vor allem auch jene wie ein Fiebertraum inszenierten Sequenzen, welche die zunehmende Depression der Hauptfigur visualisieren und bei denen das Regieteam seine offenkundige Liebe zur Fantastik vollends ausleben darf. Diese sind jedoch im Gegensatz zu vielen internationalen Vertretern des Folk Horror Genres, in dessen Tradition man Des Teufels Bad bis zu einem gewissen Grad auch einreihen kann, niemals Selbstzweck, sondern stets im Dienste der Geschichte.

Des Teufels Bad ist eine finster funkelnde, auf schlichte Weise erschütternde Perle, die man auf einer möglichst großen Leinwand sehen sollte. Veronika Franz und Severin Fiala gelingt die Balance zwischen unterschiedlichen Polen des Kinos: sie behandeln ein schweres Thema mit Aufrichtigkeit, machen dies aber mit dem subtilen und effektvollen Einsatz von Mitteln des Genre-Kinos zu einem filmischen Erlebnis und brechen dabei nicht einmal gänzlich mit der geerdeten Realismus-Tradition, die das anspruchsvolle österreichische Kino jahrelang geprägt hat.

Zu sehen im Salzburger Filmkulturzentrum Das Kino - www.daskino.at
Bilder: Filmladen

 

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