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Flammendes Feuer „extra dry“

MOZARTWOCHE / DANISH CHAMBER ORCHESTRA / FISCHER

31/01/24 Erstmals gastierte das Danish Chamber Orchestra bei der Mozartwoche. Seit 1998 ist Ádám  Fischer Chefdirigent dieses einst einem Rundfunk-Unterhaltungsorchester entsprungenen Eliteensembles aus Kopenhagen. Von den ersten Takten an war klar, dass es in der allerersten Liga der Wiener Klassik spielt. Mit Olga Peretyatko hatte man eine echte Primadonna von heute an der Seite.

Von Gottfried Franz Kasparek

Die Peretyatko ist keine barockverliebte Mozart-Asketin, sondern ein lyrischer beweglicher Sopran mit goldenem Timbre und slawischer Seele, mit profunder Tiefe, strahlender Höhe und perlenden Koloraturen. Der Überlieferung nach war Teresa Saporiti, 1787 in Prag die erste Donna Anna, ein sehr ähnlicher Stimmtypus und auch eine begabte Schauspielerin. Signora Saporiti lebte übrigens von 1763 bis 1869 (!), komponierte nebenbei und war in ihrem rüstigen Alter eine mit Verdi befreundete Salonière in ihrer Heimatstadt Mailand. Wir wünschen Signora Peretyatko ein ähnlich langes Leben. Am Dienstag (30.1.) erfreute die in jeder Hinsicht attraktive Sankt Petersburgerin zunächst mit Donna Annas Rezitativ und Arie Crudele! Ah no, mio bene - Non mi dir, bell'idol mio und mit Konzertarie mit Rezitativ Non temer, amoto bene. Diese schrieb Mozart für eine weitere Primadonna, für die nur halb so alt wie die Saporiti gewordene Nancy Storace. Ádám Fischer war ein perfekter Begleiter auch am Klavier.

Nach den effektvollen Vertröstungen für den armen Don Ottavio und liedhaft artikulierten Liebesseufzern gestaltete Olga Peretyatko mit wahrem Furor und zündenden Kantilenen nach der Pause noch die brennenden Racheschwüre der Elettra aus Idomeneo. Man hätte ihr gerne noch länger zugehört und zugeschaut. Leider kam Antonio Salieri nur instrumental zur Geltung, allerdings dennoch als Opernmaestro.

Das Konzert hatte mit Mozarts Lucio Silla-Ouvertüre mitreißend begonnen. Nach der Arie aus Don Giovanni folgte eine erst 1987 so benannte Sinfonia La Veneziana Salieris. Deren drei Sätze stammen aus der Buffa La scuola de' gelosi (Die Schule der Eifersucht, uraufgeführt 1778 in Venedig und ein europäischer Erfolg) und dem Intermezzo La partenza inaspettata (Die unerwartete Abreise, Rom 1779). Und sehe da, in diesem Falle ist kein wie immer gearteter Qualitätsunterschied zwischen Talent und Genie festzustellen. Dies ist zweimal hochdramatisch fokussierte „Sturm und Drang“-Musik voll Geist und Feuer, die sofort Lust auf die dazu gehörigen Opern macht. Was Mozart betrifft, lässt sich die Lust in Salzburg derzeit gleich am nächsten Eck am Makartplatz befriedigen. Salieris jugendfrische Buffo-Oper sollte man sich einmal näher anschauen.

Der 74 Jahre junge springlebendige Ádám Fischer ist ein charismatischer Maestro, der sein tolles Orchester zu Höchstleistungen an theatralischer Stringenz und spielerischer Brillanz führt. Auch nach 26 Jahren klappt die Beziehung zwischen Dirigent und Klangkörper offensichtlich nicht nur reibungslos, sondern sichtbar mit großem Spaß an der Sache und so etwas wie freudvoller Konzentration. Chapeau! Man ertappt sich bei dem Gedanken, wie packend La clemenza di Tito in dieser Konstellation klingen könnte ... Ja, die Däninnen und Dänen des Orchesters (es sind in der Tat zum Großteil solche) sind historisch informiert, aber nicht historisch verblendet. Sie spielen, toll akzentuierend, mit Herz und Laune und dass ihr Stil oft pointiert „extra dry“ anmutet, bringt eine persönliche Note. Den umjubelten, mit stehenden Ovationen endenden Abend krönte eine zupackend geschärfte, in den Mittelsätzen aber auch nachdenklich nuancierte Linzer Symphonie. Und die Figaro-Ouvertüre kann nicht nur ein in den Bann ziehendes Vorspiel, sondern auch ein helles Vergnügen schaffender Kehraus sein. 

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher
 

 

 

 

 

 

 

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