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Aus der Tiefe die Hoffnung...

FESTSPIELE 2024 / OUVERTURE SPIRITUELLE

13/12/23 „Et exspecto“ ist das Motto der Ouverture spirituelle. „Erwartet“ wird im katholischen Credo – das bestenfalls noch im Kirchenkonzert vorkommt – nicht weniger als die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt. „Was darf ich hoffen“, fragt dagegen nüchtern der Philosoph. Die Spannung zwischen Zukunfts-Hoffnung und Zukunfts-Angst beleuchten Werke von der Renaissance bis zur Gegenwart.

Von Heidemarie Klabacher

Eröffnet wird die Ouverture spirituelle am 19. Juli mit Bachs Matthäus-Passion im Haus für Mozart und einem Nachtkonzert in der Kollegienkirche. Teodor Currentzis dirigiert das Utopia Orchestra und Utopia Choir. Als Evangelist wird Julian Prégardien, als Jesus Florian Boesch zu hören sein. Im anschließenden Kammerkonzert mit dem Minguet Quartett erklingen das Choralquartett von Jörg Widmann, der hier die Themen Kreuzigung und Letzter Gang reflektiert, das Officium breve, ein Requiem für Streichquartett, und das vierte Streichquartett des lettischen Komponisten Pēteris Vasks, der darin eine tröstliche Vision verarbeitet: „Ich sah einen Engel über die Welt fliegen. Der Engel schaut mit traurigen Augen auf den Zustand der Welt, aber eine kaum wahrnehmbare, liebevolle Berührung der Engelsflügel bringt Trost und Heilung.“
Et exspecto heißt auch eine Sonate für Bajan solo von Sofia Gubaidulina. Diese erklingt im Konzert der Camerata Salzburg unter der Leitung von Peter Dijkstra, gefolgt von Karl Amadeus Hartmanns Concerto funebre und dem Te Deum (aus dem Te deum ist ja das Motto der Ouvertur spirituelle) von Arvo Pärt gesungen vom Chor des Bayerischen Rundfunks. Das Te Deum von Marc-Antoine Charpentier erklingt gegen Ende der Ouverture spirituelle am 26. Juli zusammen mit den De profundis-Vertonungen von Michel-Richard Delalande und Arvo Pärt: Dafür augeboten sind La Capella Reial de Catalunya und Le Concert des Nations unter der Leitung von Jordi Saval.

Chorwerke für vierzig Stimmen und fünt bis acht Chöre bringt das Ensemble Vox Luminis XL unter der Leitung von Lionel Meunier. Da gehört natürlich Spem in alium von Thomas Tallis auf's Programm. Dazu erklingen von Alessandro Striggio Ecce beatam lucem und von John Sheppard Media vita in morte sumus. Ein Festspiel für Chor und Chorfreunde ist immer wieder Georg Friedrich Händels Oratorium Israel in Egypt: Vom Schicksal des Gottesvolks im Reiche Pharaos erzählen Monteverdi Choir und English Baroque Soloists unter der Leitung von John Eliot Gardiner.
Gesucht wird in der Ouverture spirituelle nicht nur Hoffnung und Erlösung. Ich suchte, aber ich fand ihn nicht heißt es im biblischen Hohelied – und so heißt auch das Ensemblestück von Friedrich Haas. Sylvain Cambreling leitet das Klangforum Wien. Ein Knabensopran und eine Sopransolistin singen von George Crumb Ancient Voices of Children (Crumbs wichtigstes Vokalwerk) für Soli und Kammerorchester und von Claude Vivier Lonely Child für Sopran und Kammerorchester

Georg Friedrich Haas Oper Koma auf einen Text Händl Klaus fällt ebenfalls in die Ouverture. Beschrieben wird der Zustand einer hirntraumatisierten Patientin gefangen im Zwischenreich von Leben und Tod. Die konzertante Aufführung leitet Bas Wiegers, es spielt das Klangforum Wien.

„Wie zerstörte Hoffnung zur schlimmsten Folter gerät“, so umschreibt es der Konzertchef der Salzburger Festspiele, Florian Wiegand, „davon gibt Luigi Dallapiccolas Il prigioniero ein bewegendes Zeugnis.“ Die Kurzoper entstand in 1940er-Jahren und „basiert auf drei Zwölftonreihen, die er mit den Begriffen Gebet, Hoffnung und Freiheit assoziierte“. Davor erklingt ein weiteres Schlüsselwerk des Widerstands gegen den Faschismus, nämlich Luigi Nono Il canto sospeso, in dem er letzte Briefe zum Tode Verurteilter europäischer Widerstandskämpfer vertonte. Maxime Pascal leitet das ORF Radio-Symphonieorchester Wien und den Chor des Bayerischen Rundfunks. „Romantisch“ beantwortet wird die Frage nach Tod, Leben und Hoffnung im ersten Konzert der Wiener Philharmoniker unter der Leitung von Herbert Blomstedt am 28. Juli. Da überschneiden sich also schon Ouverture spirituelle und Konzertprogramm. Auf dem Programm stehen Johannes Brahms Schicksalslied für gemischten Chor und Orchester op. 54 und Felix Mendelssohn-Bartholdys Lobgesang op. 52 – Sinfonie-Kantate nach Worten der Heiligen Schrift. Letzter Termin der Ouverture spirituelle ist die konzertante Aufführung der Oper Begehren von Beat Furrer nach Texten von Cesare Pavese, Günter Eich, Ovid und Vergil, dem der Orpheus-Mythos zugrunde liegt. Dazu Konzertchef Florian Wiegand: „ER und SIE, Archetypen auf der Suche nach einer verlorenen Zeit, durchschreiten darin die verschiedenen Stadien der Verzweiflung.“

www.salzburgerfestspiele.at
Bild: SF / Marco Borrelli
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