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Musikalische Versuchung

FESTSPIELE / LIEDERABEND PHILIPPE JAROUSSKY

29/08/10 Auf der Suche nach einer Erweiterung seines Repertoires ausserhalb der ursprünglich für Kastraten geschriebenen Werke der Barockmusik, hat Philippe Jaroussky in den Kompositionen seiner Landsleute aus der Belle Epoque ein kongeniales Betätigungsfeld für seine Stimme gefunden.

Von Andreas Wegelin

altBeim achten und letzten Liederabend der Salzburger Festspiele stellte der junge Countertenor Philippe Jaroussky am Freitagabend (27.8.) im Mozarteum ein eigenwilliges französisches Liedprogramm vor. Eine Counterstimme mag für einige Besucher des Konzerts beim ersten Hören noch gewöhnungsbedürftig gewesen sein. Allein wie Jaroussky mit den Mitteln seiner Stimme zu spielen wusste, überzeugte rasch auch die letzten Skeptiker. Spätestens nach den wunderbar ausgehorchten „Nuits d’Espagne“ von Jules Massenet war das Eis gebrochen, und der Sänger wurde schon zur Pause enthusiastisch gefeiert.

Seine leichte und nicht besonders kräftige Stimme erreicht mühelos schwindelnde Höhen. Jaroussky wusste alle Nuancen der Liedtexte expressiv auszukosten und zu gestalten. Das Publikum wurde in die Welt der Pariser Salons entführt: zu Komponisten wie Dupont, Chausson, Saint-Saëns, Massenet, Franck, Fauré oder Reynaldo Hahn. Einige von ihnen sind auch im deutschsprachigen Raum bekannt, andere Namen, wie jenen der Pianistin und Komponistin Cécile Chaminade, findet man leider nie auf den Konzertprogrammen.

Philippe Jaroussky sang, unterstützt von seinem einfühlsamen Begleiter Jerôme Ducros, eine Auswahl der „Mélodies“ dieser Komponisten. In den „Mélodies“ werden - als Gegenstück zum deutschen Lied - oft Seelen- und Gemütszustände geschildert, weniger auf einsamen Wanderungen oder im rauschenden (deutschen) Wald, als vielmehr die Schwüle altim Parise Salon oder im Treibhaus. Exemplarisch zeichneten die beiden Künstler in „Fêtes galantes“ von Reynaldo Hahn eine Miniatur über oberflächliche Liebeleien der verwöhnten französischen Gesellschaft. Eindrücklich gelang auch der „Songe d’opium“ von Camille Saint-Saëns, eine Schilderung des Gemütszustands im Opiumrausch.

Zu Höhepunkten des verinnerlichten Gesangs der Melodien des Fin de Siècle wurden die Werke „Les heures“ von Ernest Chausson und Reynaldo Hahns „Vendange“: Schilderungen des nahenden Todes, bei Hahn unterlegt mit dem leise anklingenden „dies irae“. Besonders passend war die fein säuselnde, die Melodien zärtlich streichelnde Stimme von Jaroussky bei „En sourdine“ von Gabriel Fauré über einen Text von Paul Verlaine. Jerôme Ducros stellte schliesslich in zwei Solowerken für Klavier, „Automne“ von Cécile Chaminade und einer eigenen Transkription des Préludes aus op. 18 von César Franck sein Können unter Beweis.

Die beiden Künstler liessen ein begeistertes und dankbares Publikum zurück, das ihnen die Entdeckung dieser französischen „Mélodies“ mit Ovationen dankte. Als Zugabe gab es unter anderen noch einmal das witzige „Sombrero“ von Cécile Chaminade über ein enttäuschtes Mädchen; kokett und fulminant von Jaroussky auch noch mit der (tiefen) Bruststimme dargeboten.

Philippe Jaroussky tritt am 28. Jänner 2011 mit Marc Minkowski und den Musiciens du Louvre in einem Mozart-Programm während der Mozartwoche auf.
Bild: SF / Silvia Lelli

 

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