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Politisches Manifest

FESTSPIELE / WEST EASTERN DIVAN ORCHESTRA / BARENBOIM

26/08/13 Das Konzert des West Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim am Samstagabend (24.3.) im Großen Festspielhaus: Ihr Auftritt gehört mitsamt dem latent mitschwingenden humanistisch-politischen Statement zur Festspiel-Folklore.

Von Oliver Schneider

231Wie das Gustav Mahler Jugendorchester und das Símon Bolívar Symphony Orchestra gehört das von Daniel Barenboim und Edward Saïd gegründete West Eastern Divan Orchestra, bestehend aus jungen Musikerinnen und Musikern aus Israel und den arabischen Ländern, zu den regelmässigen Gästen der Salzburger Festspiele. Zum fünften Mal waren sie da. Seitdem sie jeweils in Sevilla für ihre Tourneevorbereitungen zusammenkommen, ergänzen auch Musiker aus Spanien den Kreis.

Ein Konzert von Musikern, deren Heimatländer sich ansonsten nicht immer friedlich gesonnen sind, ist immer ein politisches Manifest, ganz besonders heuer. Denn das nur scheinbar kulinarisch zusammengestellte Programm mit Klassik-Hits der beiden Jahresregenten Verdi und Wagner sowie zwei Uraufführungen war klug zusammengestellt.

Die zur Eröffnung gespielte Ouvertüre zu Verdis „Les Vêpres Siciliennes“ war zwar zu schwerfällig gespielt, zeugte aber von der hohen Spielkultur des Orchesters. Da kann sich manches fixe Sinfonieorchester noch eine Scheibe von abschneiden. Höhepunkt war im ersten Teil die österreichische Erstaufführung von „Que la lumière soit“ für Trompete, Posaune, Vibraphon und Orchester des jordanischen, heute in Deutschland lebenden Komponisten Saed Haddad. Er reiht kurze, mal flächige, mal clusterartige, gegensätzliche und energiereiche Sequenzen aneinander, in denen die drei Solisten miteinander oder mit den Orchestergruppen in Dialog treten.

Nach der Pause erklang als zweite Erstaufführung „At the Fringe of Our Gaze“ von Chaya Czernowin, die aus Israel stammt und heute in den USA lebt. Ihre Komposition für großes Orchester und Concertino-Gruppe ist zwar ebenfalls sequenziell aufgebaut, bewegt sich aber trotz des riesigen Apparats meist nur im Piano und allenfalls Mezzoforte. Beruhigende, flächig komponierte Momente werden immer wieder durch bedrohliche Crescendi abgelöst. Leider schien das Publikum von der nicht ganz einfach zugänglichen Komposition etwas überfordert zu sein.

Nach den beiden Erstaufführungen – die Uraufführungen fanden vor wenigen Tagen in Luzern statt – gab es noch Wagner: das „Parsifal“-Vorspiel und die beiden „Meistersinger“-Vorspiele. Wie zu erwarten viel zu breit. Beim unmittelbaren Vergleich des „Meistersinger“-Vorspiels zum ersten Aufzug gespielt vom Divan Orchestra und am letzten Donnerstag vom Gustav Mahler Jugendorchester unter Philippe Jordan auch in Salzburg hat das letztere mit seiner frischen Interpretation eindeutig die Nase vorn.

Bild: SFS / Wolfgang Lienbacher

 

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