asdf
 

Ein gutes Tier ist dieser Roboter

FESTSPIELE / SANS OBJET

26/08/13 Vielleicht könnte man die Sache einfach so beschreiben: „Sans objet“ ist eine der schönsten „Winterfest“-Produktionen, die man je in Salzburg hat sehen können. Freilich zeigen die Festspiele das reizvolle Spiel. Sie haben den Nouveau cirque entdeckt.

Von Reinhard Kriechbaum

219Aurélien Bory heißt der französische Illusions-Theatermacher, „Compagnie 111“ sein Unternehmen. Was sie mit der Maschinen-Pantomime „Sans objet“ wollen, ist mit wenigen Sätzen gesagt: Sie erzählen davon, dass eine High-Tech-Maschine, womöglich gar eine solche mit integrierter künstlicher Intelligenz, einerseits viel Faszination auf Menschen ausübt, andrerseits zur  Gefahr werden kann. Der Mensch ist gerne Dompteur seiner Gerätschaften. Doch Technologien entwickeln ein Eigenleben, können Faszination entwickeln und Zwang ausüben. Wie oft, liebe Leserinnen und Leser, haben Sie heute schon Mails abgefragt?

Da müsste also eine Theaterproduktion ansetzen und grundsätzliche Fragen stellen. „Sans Objet“ geht die Sache von der verspielten und poetischen Seite her an und dringt nicht weit unter die Oberfläche jener Riesenplane, die am Beginn des 70-Minuten-Stücks das Wunderding zudeckt: Da beginnt es sich also unter der effektvoll beleuchteten Plastikhaut zu bewegen, bildet Skulptur um Skulptur. Übt ein Dinosaurier Posen für eine Faschingsparty? Wir wissen natürlich: Darunter steckt ein Roboter-Greifarm der Autoindustrie. Solche Dinger heben Karosserieteile an und setzen sie aufs Fahrgestell, zum Beispiel. Er kann sich riesig groß machen und ganz unschuldig zusammenschrumpfen. Sein Saug- und Pfauch-Kopf hat auch ein paar Leuchten. Damit kann dieser muntre Mechanik-Drache stechend, aber auch ganz treuherzig dreinschauen

220Das Setting ist anregend. Zwei Herren in schwarzem Anzug, mit weißem Hemd und Krawatte, enthüllen das Gerät. Vorsichtig nähern sich die beiden ihrem unberechenbaren Riesenhaustier. Jede Bewegung der Maschine führt logischerweise zu einer Reaktion, und sei es ein erschrecktes Zusammenzucken. Das hat was vom Reiz des Streichelns einer Katze, deren Schwanzende zuckt. Mit Tatzenhieben ist also zu rechnen.

Die beiden Knaben können’s nicht lassen, und daraus formt Aurélien Bory g’spaßige Szenen sonder Zahl. Manchmal werden die Menschlein ordentlich hergewuzelt von der Maschine, dann wieder gewinnen sie Oberhand und tanzen mit ihr, klettern auf ihr herum. Immer ist der Umgang mit dem Ding, dem man rasch menschenähnliche Züge zuschreibt, eine Herausforderung für die beiden. Ganz lieb ist die bis zur Erschöpfung durchgespielte Szene, in der die beiden Herren irrtümlich in einer kleinen Kiste landen, die von der Maschine gedreht wird. Da braucht es viel Käferkrabbelei und Balancegeschick, um nicht während der Loopings heraus zu purzeln.

221Das ist Nouveau cirque im besten Sinn, wirkt possierlich, erheiternd. Höchstens subkutan schleichen sich Überlegungen ein, was wohl passierte, wenn dieser Roboter ein Kerl mit unauslotbarem Gemüt wäre, mit bösartigem Sinnen gar. Dieser hier ist durch und durch gutartig. Es ist ja Unterhaltungstheater.

Drei Aufführungen also bei den Salzburger Festspielen, letzter Programmpunkt des Schauspielprogramms. Man könnte es als heiteren Ausklang dankbar annehmen, wenn man bei den vorangegangenen Produktionen, Hauptprogramm und Young Directors zusammengenommen, literarisch und inhaltlich herausgefordert worden wäre. So war es aber eher nicht, und drum ist „Sans objet“ eigentlich nur ein weiterer Puzzlestein in einem Schauspielprogramm, das in Summe sehr auf Sommertheaterunterhaltung aus war.

„Sans objet“ ist noch heute Montag (26.8.) um 20 Uhr im Landestheater zu sehen – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: SFS / Wolfgang Lienbacher

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014