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Musik muss ein Geheimnis in sich haben

TODESFALL / BOGUSLAW SCHAEFFER

04/07/19 „Neue Musik braucht Erfindungsreichtum, Disziplin und reife Ästhetik fern von dem brutalen Forte, von dummen Wiederholungen und stupiden Ideen, bei denen man bei neuer Musik nur Ärger und Verzweiflung erwirbt“, sagte Bogusław Schaeffer, von 1989 bis 2002 Kompositions-Professor am Mozarteum.

Von Reinhard Kriechbaum

Und der Altmeister aus Polen versicherte auch: „Dass Neue Musik schön sein kann, dessen bin ich sicher. Dass sie dem Hörer Freude machen kann, ganz genauso.“ Das bedeutete freilich nicht, dass Schaeffer, der am 1. Juli in Salzburg im Alter von 90 Jahren verstorben ist, seinen Hörern immer leicht gemacht hätte: „Musik muss ein Geheimnis in sich haben. Sie soll von anderen nicht gleich ,verstanden’ werden“, sagte er, und er formulierte in einem Vortrag geradezu aufmüpfig elitäre Ideen: „Um meine Musik zu verstehen, um zu verstehen, warum ich sie so und nicht anders komponiere, muss man meinem Gedankenweg folgen. Nicht jeder begreift, dass Neue Musik an sich komplex sein sollte. Man meint, dass der Wert der musikalischen Aussage von der Allgemeinverständlichkeit abhängen müsse. Falsch, vollkommen falsch! Man sollte eine komplexere Musik in jedem Fall bevorzugen.”

Seine Vorfahren kamen aus dem elsässischen Colmar nach Polen und siedelten sich in Galizien an. Die Stadt Lemberg, wo Bogusław Schaeffer 1929 zur Welt kam, gehörte damals zu Polen. Er studierte Komposition in Krakau und Musikwissenschaft an der dortigen Jagiellonen-Universität. Seine Diplomarbeit schrieb er 1953 über den eine halbe Generation älteren Witold Lutosławski.

Seit Mitte der 1980er Jahre lebte Bogusław Schaeffer, unterdessen einer der international angesehenen Kompoitionslehrer, in Salzburg, von 1989 bis 2002 hatte er eine Professur am Mozarteum. Unter anderem waren hier Herbert Grassl, Hossam Mahmoud und Manuel de Roo seine Schüler.

„Intuition und beständige Neugier auf Neues sind die Triebkräfte seines Schaffens“, schrieb die Jury, als ihm 2007 der Große Kunstpreis für Musik des Landes verliehen wurde. Seine Werke – es sind um die vierhundert – seien „oft Meisterwerke an Klangraffinesse und haben hohen Gehalt an Atmosphäre“. Bogusław Schaeffer entwickelte neue, wegweisende Notationsmethoden, auch graphische Partituren. Im Augustinermuseum Rattenberg war vor zehn Jahren eine Ausstellung Musikgrafik und grafische Kunst von Bogusław Schaeffer zu sehen. Und die Musikgeschichte verdankt ihm – wenn's denn wahr ist – die Erfindung des Clusters: Ein solcher findet sich in seinem 1953 geschriebenen Nocturne.

Stil-Pluralismus, jedoch ohne jede anpasslerische Beliebigkeit, war ihm ein Lebensprinzip, und entsprechend großzügig war er als Lehrer – ein Perspektivenöffner. Gefragt waren seine Kompositionsseminare in Tirol, seit 1993 an der Internationalen Akademie für Neue Komposition und Audio Art in Schwaz, zuerst in Schwaz, dann im Tiroler Seefeld (avantgarde tirol).

Bogusław Schaeffer hat übrigens nicht nur Musik und Bücher zu Musiktheorie und Musikgeschichte geschrieben, sondern auch dreißig skurril-phantastische Theaterstücke. In Polen war er eine Zeit lang meistaufgeführter Dramatiker der Gegenwart!

Bilder: Wikipedia/www.skrzypaczka.pl (1); Archiv/avantgarde tirol (1)

 

 

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