asdf
 

Musikum ist mehr als eine Unterrichtsstunde

IM PORTRÄT / MICHAEL SEYWALD

23/02/24 Die Neuorganisation des Mozart Jugendorchesters und die Einrichtung einer Orchesterakademie waren die letzten von ihm verantworteten großen Weichenstellungen. Mit Monatsende übergibt Michael Seywald, 26 Jahre lang pädagogisch künstlerischer Landesdirektor des Musikum, die Leitung.

Von Reinhard Kriechbaum

Musikschulwerk. Das Wort hat wenig sexy geklungen. Die Umbenennung in Musikum war eine der imagefördernden Maßnahmen für diese elementare Ausbildungseinrichtung im Bundesland. Ein gutes Vierteljahrhundert – ab 1998 – war Michael Seywald nun als Landesdirektor zuständig für die Breiten-Musikausbildung im Bundesland Salzburg. „Für mich ist die Grundlage für eine musikalische und kulturelle Entwicklung eines Landes ein praxisorientiertes Ausbildungskonzept”, sagtSeywald. Mit anderen Worten: „Musikum muss mehr sein, als eine Unterrichtsstunde.“

Die Idee  das Musikum in die Gesellschaft und in das Land hineinwirken zu lassen. Aktivitäten in den Blasmusikkapellen, in Chören, in der Volksmusik sowie Konzertbesuche oder sonstiges musikkulturelles Engagement wird den Schülerinnen und Schülern schmackhaft gemacht, indem sie für ihr Mitwirken Punkte sammeln, die auf die Ausbildung im Musikum angerechnet werden. „Wir stärken mit diesem Konzept kulturelle Entwicklung und das Ehrenamt“, sagt der scheidende Landesdirektor.

Das hat auch viel mit Wertschätzung zu tun. Michael Seywald zeigt den Prototyp einer Kreativ-Medaille, geplant als Anerkennung für Schülerinnen und Schüler für besondere Leistungen.

Als Michael Seywald die Leitung übernahm, steckte das damalige Musikschulwerk in einer respektablen Krise. Zu hohe Kosten, zu wenig Effizienz, war der Vorwurf. Neue Wege waren gefragt. Eine Maßnahme von vielen, war das flexible Unterrichtskonzept. Die Lehrerinnen und Lehrer können kurzfristig entscheiden, ob für ihre Schützlinge Einzel- oder Gruppenunterricht gerade das Mittel der Wahl ist. Sogar wochenweiser Wechsel ist denkbar, was auch dem Ensemblespiel (Seywald: „ein gesellschaftlicher Auftrag“) zugute kommt. Damit war man wegweisend in Österreich.

Was es bisher nur in Salzburg gibt: Ein Arbeitszeitmodell für die Lehrkräfte, zu deren Unterrichtstätigkeit (24 Wochenstunden) noch drei Stunden Praxis-Tätigkeit kommt. Sie begleiten beispielsweise Schülerinnen und Schülern bei Auftritten oder Wettbewerben. „Das hat Emotionen wach gerufen“, erzählt Seywald. Bei den Stundenlisten, die ausgefüllt werden müssen, sei es aber „nicht um Kontrolle gegangen, sondern darum zu zeigen, was geleistet wird“. Also um Anerkennung.

Es hat sich enorm viel verändert beim Musikum im vergangenen Vierteljahrhundert. Die Schülerzahl hat sich von 7.000 auf rund 13.700 fast verdoppelt. Nicht nur in der Stadt hat man ein neues Gebäude (2006) bezogen, es sind auch fünfzehn weitere Gebäude neu gebaut worden. Offerte wie Musik und Deutsch und das Klingende Klassenzimmer wurden Leuchtturmprojekte, mit denen man derzeit rund viertausend Kinder erreicht.

Aus den Musikum-Akademien (Klassikakademie, Popakademie, Akademien für Kapellmeister und Chorleiter) sind hunderte Führungskräfte hervorgegangen. „Es gäbe nicht vierhundert Chöre im Land, wenn wir nicht Chorleiter ausgebildet hätten.„ Die Orchesterakademie Salzburg, die jetzt gerade Fahrt aufnimmt (es geht dabei um die Nachfolge des geraume Zeit auf Eis gelegten Landesjugendorchesters), ist eine Kooperation mit der Internationalen Stiftung Mozarteum, dem Mozarteumorchester und dem Blasmusikverband.

Die Klassikakademie geht ins dritte Jahr. Das ist eine Ausbildung speziell für junge Menschen, die ein Musikstudium anstreben. Mentale Unterstützung, Auftrittstrainig, eine Gehörschulung kommen zu erweitertem Unterricht am Instrument. A propos Gehörschulung. Das Online-Gehörtraining wird auch von Musikstudenten gerne genutzt.

„Mit rund 35.000 Veranstaltungen in den letzten 25 Jahren ist das Musikum ein wesentlicher kultureller und gesellschaftlicher Impulsgeber im ganzen Land geworden und hat damit Salzburg verändert“, betont Seywald. Innerhalb von mehr als sechshundert künstlerischen Kreativprojekten wurde komponiert, gemalt, Theater gespielt und Neues geschaffen. Ein Beispiel ist das Festival Musikum@Mozart 2006 mit mehr als hundert Veranstaltungen. Dafür sind im Vorfeld in einem Beteiligungsprozess mit vierhundert Leuten rund 830 Ideen gesammelt und weiterentwickelt worden.

Der Aufbau einer neuen Unternehmenskultur war mir besonders wichtig“, sagt Seywald. Eigenverantwortung sei groß geschrieben. Es gebe unterdessen an allen fünfzehn Musikum-Niederlassungen im Bundesland Zukunftsworkshops mit allen derzeit 420 Lehrenden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Der Spirit, Dinge neu zu denken, ist über die 25 Jahre geblieben“, sagt Seywald nicht ohne Stolz. „Das ist eine Kraft, die von innen kommt.“

Offene Baustellen für Seywalds Nachfolger Thomas Aichhorn und den Musikum-Wirtschaftsdirektor Christian Türk? Viele Pensionierungen stehen an,es gilt also neue Lehrer zu finden – und diese nach einem neu auszuarbeitenden Lehrer-Dienstrecht adäquat zu bezahlen. Da sind andere Bundesländer schon weiter, und das schafft Konkurrenzdruck.

Michael Seywald wollte eigentlich Arzt werden, wenn es da nicht den Geige spielenden Onkel aus Deutschland gegeben hätte. „Mein Onkel hat mir etwas auf der Geige vorgespielt und der Klang hat mich ergriffen.” Dieser Onkel und die Großmutter, eine Malerin, waren Vorbilder.

„Meine Geige wird mich in Zukunft wieder mehr sehen und natürlich wird die Malerei, die mich auch von Kindheit an begleitet hat, wieder mehr in mein Leben treten”, so Michael Seywald zu seinen Zukunftsplänen. Begonnen hat er seine musikalische Laufbahn ja im Singkreis Zell am See, er wurde dann Mitglied im Hofhaimer Consort und übernahm dessen Leitung vom Gründer Rainer Straub.

Bilder: dpk-krie
Zum Kommentar Schulterschluss für die Musik-Jugend
Zur Hintergrundgeschichte Singend Deutsch lernen
Zur Meldung Singende Klassenzimmer an 61 Salzburger Schulen

 

 

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014