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Klangrausch und Atemhauch

DIALOGE FESTIVAL / REIHE ATEMZUG

22/11/19 Ohne Atem kein Leben. Ohne Atem keine Stimme. Ohne Atem keine Musik. Atemzug heißt eine neue Reihe bei den Dialogen. Un souffle en suspens – „Ein Atemhauch in der Schwebe“ - heißt das Stück, das beim ersten Atemzug uraufgeführt wird.

Von Heidemarie Klabacher

Die Dialoge werden heute Freitag (22.11.) eröffnet: Der Multipercussionist Christioph Sietzen führt mit seiner Schlagwerk-Batterie von Barock bis in die Gegenwart. Zwei Uraufführungen, Werke von Christoph Ehrenfellner und Michael Frankenberger, stehen bereits am ersten Eröffnungsabend auf dem Programm. Morgen Samstag (23.11.) folgt im Konzert Atemzug 1 eine weitere Uraufaufführung durch das Ensemble risonanze erranti unter der Leitung von Peter Tilling.

Atemzug heißt die – neben 13 Ortswechseln und sechs Meditationen – mit zwei Folgen nur kleine neue Reihe bei den erstmals von Andreas Fladvad-Geier konzipierten Dialogen. Geschöpft werden können die beiden Atemzüge am zweiten und am vorletzen Tag Ende des Festivals, dessen Programm weitere schöne Symmetrien aufweist: Die Orstwechsel ziehen sich (nach dem Eröffnungsabend) vom ersten bis zum letzten Festivaltag, die Meditationen sind als Herzstücke ins Programm eingebettet.

Einen Atemzug in der Schwebe hält Hèctor Parra in seinem 45-minütigen Ensemblestück Un souffle en suspens“, schreibt Walter Weidringer im Programmbuch. Das Werk entstand 2016/17 im Auftrag der Ernst von Siemens Musikstiftung sowie des Ensemble risonanze erranti und Peter Tillings und untersuche, so der Komponist, „eine „Klangarchitektur, die aus Texturen, Linien und Schleiern besteht, die oft extrem und vielstimmig sind“.

Für Tilling handle es sich um eine „Kammersymphonie mit hoch avancierten Spieltechniken, die Musiker wie Zuhörer sehr fordern“: „Die Musik ist voller Nuancen und Feinheiten und geht an die Grenze des Wahrnehmbaren, sucht eine immer tiefere Verfeinerung und Sensibilisierung. Dabei ist Hèctor Parras Musik stets tonalitätsgesättigt und sinnlich.“

Das Werk beziehe sich auf Parras 2012/13 entstandene Kammeroper Te craindre en ton absence, ein Monodram für Schauspielerin, Ensemble und Elektronik nach einem Text der ranzösischen Autorin Marie NDiaye. Das Instrumentarium der Kammersymphonie sei im Vergleich dazu deutlich erweitert, verzichte aber auf Elektronik. Peter Tillings Begeisterung für Parras Schaffen rühre von der Uraufführung von Parras Werk Das geopferte Leben unter seiner Leitung bei der Münchener Biennale her: „Die dortige Zusammenarbeit mit dem ensemble recherche und dem Freiburger Barockorchester brachte einen so farbigen Klangrausch, der alle Zuhörer geradezu süchtig machte – ein seltenes Phänomen bei Neuer Musik!“ Und diese Farbigkeit, Vielfalt, Sinnlichkeit wohne Hèctor Parras Musik generell inne. Mit der Salzburger Uraufführung wolle man genau das vermitteln: „Die Farbenpracht und tiefe Aussage dieser meisterlichen Partitur“.

Der zweite Atemzug am 30. November steht unter dem Titel Ägyptische Meditationen und ist eine Koproduktion mit dem Verein West-Östlicher Divan Salzburg: Es rezitiert Gottfried Franz Kasparez. Frank Stadler und Hossam Mahmoud spielen auf Violine und Oud Der Atem der Reinheit von Hossam Mahmoud und traditionelle ägyptische Musik.

„Texte, Komposition und klassische arabische Musik bilden eine Einheit und sind im Aufbau dem Sufiritual nachempfunden“, schreibt Gottfried Franz Kasparek im Programmbuch: „Gott hat das Geheimnis des Lebens in das Herz gelegt. Wenn wir einatmen, dann kommt der Atem in das Herz.“ Beim Ausatmen hole der Sufi etwas von diesem Geheimnis zu sich herauf. „Das Herz ist wie ein Räucherwerk, und wenn es brennt, duftet es“, dichtete der Sufi-Meister Rumi im 13. Jahrhundert. „Der Atem der Reinheit“ begann im Rahmen der Salzburg Biennale 2009, wurde weiter geführt und erlebt nun seine fünfte Präsentation: „Es wird zu Beginn Texte und Gedanken zum Thema geben. Dann kommt die Komposition“, so Hossam Mahmoud. „Denn Neues entsteht, solange man atmen kann.“

Dialoge Festival von 22. November bis 1. Dezember - www.dialoge-festival.at
Bild: ISM / Astrid Ackermann (1)
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