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Holzhammer-, nein, Fleischerbeilhumor

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / GIANNI SCHICCHI

22/06/17 Manchmal wünscht man sich einen Gianni Schicchi herbei: einen einfallsreichen Erzschurken, der jenen Leuten ein Bein stellt, die im Bergriff sind, es allzu bunt zu treiben. Einem Regisseur zum Beispiel, der „Gianni Schicchi“ überinszeniert...

Von Reinhard Kriechbaum

Die falschen Schluchzer gleich in den ersten Takten der Partitur: Da ist man augenblicklich drin in Puccinis Operneinakter. Taub müsste man sein, wenn man diese Töne nicht für sich selbst sprechen hört. Alexander von Pfeil, seit diesem Studienjahr Professor für Musikdramatische Darstellung am Mozarteum, glaubt aber, Puccini dramaturgisch zurechtfeilen und aufmotzen zu müssen. Geschlagene 25 Minuten Pantomime schickt er voran (zu Musik von Salvatore Sciarrino). Wir müssen zusehen, wie im Bühnenhalbdunkel ein mittelmäßig perfekter Mord vorbereitet wird. Umgebracht wird so aber nur ein echt knackiger Opern-Einstieg.

Hätte es also den Beruf Opernregisseur zur Zeit Dantes schon gegeben, hätte dieser in seiner Divina Comedia nicht nur für den raffinierten Testamentsfälscher Gianni Schicchi einen Platz im achten Kreis der Hölle vorgesehen. Auch die szenische Crew der gegenwärtigen Aufführungsserie im Großen Studio wäre dort passend angesiedelt. Man kann von g'spaßigen Dingen, muss aber auch von inszenatorischen Wucherungen berichten. So einfallsreich dass Bühnenbild mit seinem malerisch übereinander geschachtelten Wohnungsinventar und die Ausstattung mit ihren Hippie-Reminiszenzen (Amelie Ottmann, Charlina Lucas) sind, und so viel dem Regisseur im Detail eingefallen ist: In Summe ist das alles viel zu üppig für ein delikates Opern-Kammerspiel.

Es widerspricht vor allem ganz krass der konzentrierten Kammerorchesterfassung von Tony Burke. Durch das zugespitzte Instrumentalbild wird man der Modernität des 1918 uraufgeführten Werks so recht gewahr. Gegen diese Version spricht, dass sie dem dynamischen Ausgleich zwischen der Instrumentalgruppe und dem quirligen Parlando im figurenreichen Stück nicht wirklich förderlich ist. Die Balance gelingt dem Dirigenten Gernot Sahler in Summe doch gut.

Trotz dem instrumentalen Modernisten-Urgrund: Zum Expressionisten-Drama taugt „Gianni Schicchi“ nicht, auch wenn man hier mit dem famosen Darian Worrell, einem schon sehr erfahrenen Masterstudenten in der Opernschule, einen rechten Charismatiker für die Titelpartie aufbieten kann. Diesem Gianni Schicchi, einem durch und durch bedrohlich wirkenden Gesellen, würde man gewiss keinen Gebrauchtwagen abkaufen. Aber er scheint ohnedies dem ehrenwerten Handwerk eines Metzgers nachzugehen. Jedenfalls ist er gut bewaffnet mit einem Fleischerbeil. Es gibt dem Holzhammerhumor der Inszenierung Nachdruck und nicht wenig Bizarrerie.

Anna Büchel (Lauretta) handelt sich für ihr devot vorgetragenes „O mio babbino caro“ vom Vater eine schallende Ohrfeige ein. Nutthaporn Thammathi bringt für den Neffen Rinuccio ansehnliches Tenormaterial mit. Wie er von der Traumstadt Florenz singt, wäre sehr effiziente Tourismuswerbung. Es wurde überhaupt auf ordentlichem Niveau gesungen am Premierenabend. Die Besetzungen wechseln ja wie üblich.

Weitere Aufführungen am 22., 24. und 26. Juni im Großen Studio der Universität Mozarteum – www.moz.ac.at
Bilder: Universität Mozarteum / Christian Schneider

 

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