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Das Unvorstellbare auf die Bühne gebracht

INTERVIEW / MICHAEL STOLHOFER (1)

03/07/12 Wer als Salzburger in Salzburg auch nur die Spur einer Ahnung von der zeitgenössischen darstellenden Kunst bekommen hat, hat das auf jeden Fall Einem zu verdanken: Michael Stolhofer. Der Szene-Intendant blickt zurück auf dreißig Jahre Sommerszene Salzburg.

Von Heidemarie Klabacher

„Performance“ - ein inflationär gebrauchter Begriff, von dem niemand wirklich genau sagen kann, was er bedeutet. Dennoch verbindet man Stolhofers Szene-Intendanz ganz wesentlich mit dem „Performativen“: „Vor dreißig Jahren war das im Darstellerischen noch kein Begriff“, erklärt Michael Stolhofer im Gespräch mit DrehPunktKultur: „Das ist in der Bildenden Kunst aufgekommen und erst langsam als Hilfsbegriff in die Darstellende Kunst hineingewachsen.“ Tatsächlich sei „Performance“ in den drei Jahrzehnten seiner Intendanz ein zentraler Begriff geworden, „weil vieles mit den herkömmlichen Begriffen einfach nicht mehr fassbar war“.

In den Achtzigerjahren sei es zur „Annäherung von Tanz und Theater“ gekommen, „zu jener hochinteressanten Weiterentwicklung auf den internationalen Bühnen, die es uns ermöglicht hat, auch hier in Salzburg neue Formate, Ästhetiken Ausdrucksformen zu zeigen“, erinnert Stolhofer. Um sogleich zu betonen: „Wir von der Szene Salzburg waren Teil einer Entwicklung. Wir hatten sicher die Nase ein wenig vorne in Österreich, aber die großen Bögen sind international gelegt worden. Von Österreich ist kaum etwas ausgegangen.“

Er sei „glücklicherweise sehr schnell in diese internationalen Netzwerke hineingekommen“. Was „damals“ aber noch wesentlich einfacher war: Es habe auch international nur wenig solche Festivals, wie die Sommerszene gegeben, die gesamte Szene sei überschaubarer gewesen. „Ich weiß nicht, woran das gelegen ist“, sinniert der scheidende Intendant: „Es war eine Zeit, in der die künstlerischen Statements markanter, neuartiger waren. Vieles was man damals gesehen hat, hat man sich vorher kaum vorstellen können.“ Heute sei es schwer, solche Akzente zu setzen, "weil sich vieles auch wiederholt, so dass man wirkliche Veränderungen oft schwererkennen kann," Was aber in einer anderen Form auch wieder spannend sei.

Blickt zurück und nennt etwa die legendäre „Wooster Group“  mit ihrem Einfluss etwa auf Jan Lauwers und seine Needkompany oder Robert Lepage, bis herauf zu Anne Teresa de Keersmaeker: „Schlüssel und Glücksmomente, die die jüngere Kunstgeschichte inzwischen auch als solche identifiziert hat.“

Anne Teresa de Keersmaeker, Wim Vandekeybus, Jan Fabre – nur drei der vielen namhaften prägenden Szene-Persönlichkeiten: „Nehmen wir die Produktion ‚Bartok’ von Anne Teresa de Keersmaeker: Das waren Momente, wo uns allen die Luft weggeblieben ist, ganz wichtige Momente, die sich über die Jahre als wichtige Referenzpunkte bewahrt haben.“ Anne Teresa de Keersmaeker ist mit ihrer Truppe Rosas ja auch heuer bei der Szene zu Gast mit der bereits legendären Produktion „Drumming“ aus 1998. Aber gerade Anne Teresa de Keermaeker habe sich  schon in den Achtzigerjahren von der Minimalmusik inspirieren lassen und versucht, diese Strukturen auf die Bewegung umzusetzen, erinnert Michael Stolhofer. Wim Vandekeybus, dem heuer eine eigene Film-Retrospektive gilt, habe etwa mit seiner Arbeit „The Body Does Not Remember“ eine stark „Impuls getriebene Bewegung zu entwickeln begonnen und eher Sportives in den Tanz einfließen lassen“. Jan Fabres Bühnenproduktionen dieser Zeit seien von einer „hohen Intensität und Gewalttätigkeit“ gewesen, „die wirklich getroffen haben“: „Die Performance ‚The Powers of Theatrical Madness’ war ein Acht-Stunden-Stück, das den Gang des Theaters verändert hat.“

Heute greife man auf solche Produktionen  zurück und beginne, „diese Zeit auch langsam kulturhistorisch aufzuarbeiten“: „Es zeigt sich, dass die Achtzigerjahre für die Darstellende Kunst eine zentrale Phase waren.“ (Wird fortgesetzt)

Die Sommerszene 2012 wird am Donnerstag (5.7.) im Republic eröffnet – www.sommerszene.net
Bilder: dpk-klaba
Zum Teil 2 des Interviews Der Tanz-Experimentator

 

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