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Er hat ihn ja doch ermordet

LANDESTHEATER / AMADEUS

27/01/24 Der alte Salieri gesteht in seinen letzten Stunden, wie er gegen Mozart intrigiert, dessen Karriere sabotiert, den von Gott geliebten Konkurrenten in den Wahnsinn getrieben und schließlich ermordet hat. Landestheater UND Stiftung Mozarteum perpetuieren mit einer – ganz wunderbaren – Aufführung von Peter Shaffers Amadeus die beliebtesten Fake News über Mozart und Salieri.

Von Heidemarie Klabacher

„Ja, aber so war es nicht“, müsste vom Bühnenrand oder vom Balkon ständig jemand herunterrufen. Ist aber nicht vorgesehen und somit sind, wieder einmal, Jahre und Jahrzehnte Forschungsarbeit und Publikumserziehung für den A... Sorry, aber Mozart war auch nicht so empfindlich. Witzig, dass ausgerechnet die Stiftung Mozarteum Kooperationspartner bei einem Stück ist, das alle Legenden in sich versammelt, gegen die ihre Expertinnen und Experten seit jeher anforschen.

Gestern Donnerstag den 13:ten holte ich Salieri und die Cavalieri mit den Wagen ab, und führte sie in die Loge. … Du kannst nicht glauben wie artig beide waren, – wie sehr ihnen nicht nur meine Musick sondern das Buch und alles zusamen gefiel. DrehPunktKultur hat diese Briefstelle jüngst zitiert. Sie schildert haargenau eine kleine Szene in Peter Shaffers Theaterstück Amadeus.

„Diese Zeilen über eine Aufführung der Zauberflöte, die Wolfgang Amadé Mozart am 14. Oktober 1791 an seine Frau Constanze im Kurort Baden bei Wien richtete, wo sie sich von den Strapazen der Geburt des jüngsten Kindes Franz Xaver Wolfgang erholte, gehören zu den wenigen Briefstellen, in denen er sich über Antonio Salieri äußert.“ Das schreibt Ulrich Leisinger in seinem Essay zum Konzert Briefe und Musik. Salieri, Mozart und Nancy Storace im Almanach der Mozartwoche.

Die wenigen Zeilen seien „wenig geeignet, die Mär eines schwierigen Verhältnisses zwischen den beiden Rivalen um die Gunst des Publikums aufrechtzuerhalten“, schreibt der Leiter der Forschungsabteilung der Stiftung Mozarteum und betont: „Von Salieri ist umgekehrt nicht eine Zeile über oder gar an Mozart überliefert.“

Auch die Mär, dass Salieri seinen Widersacher ignoriert oder bewusst totgeschwiegen habe lasse sich nicht aufrecht halten: „Schade nur, dass Salieri kein großer Briefschreiber war und von ihm kaum eine Zeile privater oder auch nur persönlicher Natur erhalten ist.“ Zum Glück sind Experten da, um ignoriert zu werden. Und so hat das Landestheater in Kooperation mit der Stiftung einen ganz wunderbaren Amadeus auf die Bühne gebracht, die Christian Floeren in Form eines überdimensionalen Kreuzes weit in den Zuschauerraum hinein gebaut hat. Dafür gibt es, ganz demokratisch, Podiumplätze auf der Bühne. Das Klavier hängt an der Decke. Die Kronleuchter, in Staubsäcke gewicktelt, und Sessel ebenfalls.

Regisseur Andreas Gergen findet eine kluge Balance zwischen turbulenten klamaukhaften und subtil verinnerlichten Momenten. Die Schauspielerin Sona MacDonald verkörpert Antonio Salieri in der Rahmenhandlung als vergammelten langhaarigen und verzweifelten alten Mann, in der Haupthandlung als eleganten Intriganten von Welt. Seine beiden Venticelli, die bezahlten Zuträger von Klatsch und Tratsch, sind Mehdi Salim Benjdila und Patricia Falk. Axel Meinhardt gibt Kaiser Joseph II. historisch korrekt im Sinne von Wir sind Kaiser. Die Hofschranzen sind ganz wunderbar besetzt mit Matthias Hermann als Kaiserlicher Kammerherr von Strack, Tina Eberhardt als Direktor der Nationaloper Orsini-Rosenberg und Martin Trippensee als Präfekt der Nationalbibliothek Gottfried van Swieten „Baron Fuge“. Lisa Fertner spielt Constanze Weber, verehehlichte Mozart.

Und Aaron Röll IST Wolfgang Amadeus Mozart. Das muss man so sagen und die Mozartforschung wird es bestätigen: So war er, so hat er ausgeschaut, so hat er gesprochen. Eine stupende Performance des 1994 in Meiningen geborenen am Reinhardt Seminar ausgebildeten Schauspielers, der seit der Spielzeit 2020/21 am Landestheater engagiert ist. Dass er stark an den jungen Tom Hulce in Miloš Formans legendärer Amadeus-Verfilmung erinnert, ist vermutlich nicht ungewollt. Sein großer Monolog über die Aufgabe der Oper, Geschichten echter Menschen zu erzählen, rührt selbst hartgesottene Kulturjournalistinnen zu Tränen. Und was der Mann Gewand hatte! Mozart hat sein Geld nicht verspielt, sondern in seine Schneiderin investiert. Knallbunt de-konstruiert sind die unzähligen Gehröcke von Kostümbildnerin Aleksandra Kica.

Amadeus kommt nicht ohne Musik aus. Nur wenige Takte sind Mozart im Original. Der Komponist Georg Wiesinger zitiert, verarbeitet, verfremdet Mozart-Motive zu einem abstrakten und zugleich ur-mozartischen Soundtrack. Für die Musikproduktion zeichnet Arno Leroy. Reizvoll sind die Vokal-Kompositionen, in denen der Chor quasi zum Orchester wird und statt seiner angestammten Partitur die jeweiligen Instrumental-Stellen zu singen hat. Der Chor des Salzburger Landestheaters ist vielfältig gefordert und trägt auch darstellerisch ganz wesentlich zum Reiz dieser kunterbunten Produktion bei.

Amadeus – Aufführungen bis 16. Juni im Landestheater – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: LT / Tobias Witzgall
Zum Mozartwochen-Vorbericht
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