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Unter dem Teppich lauert Erstaunliches

SCHAUSPIELHAUS / DER VORNAME

15/02/13 „Was ist wichtig genug, um sich darüber zu streiten?“ An diesem Abend gibt es jedenfalls viele Gründe, um uneins zu sein. Ein nettes Treffen mit gutem Essen im Freundeskreis hätte es werden sollen, würde nicht Vincent gleich Zündstoff liefern. „Adolphe soll er heißen“, verkündet der werdende Vater.

Von Ursula Trojan

Die schwangere Lebensgefährtin ist noch nicht eingetroffen, darum traut er es sich zu sagen. Nachdem die Anwesenden mit allen erdenklichen Namen, die mit A beginnen, jongliert hatten, rückt er damit heraus. Erst mal erntet er totale Entgeisterung, doch gleich ist man in Medias Res und Streit Nummer Eins tobt über die Bühne. Sie ist gleichzeitig die riesige Tafel der Abendgesellschaft, auf ihr und rund um sie bewegt man sich im Laufe des Stücks bewegt. Wer grad „draußen“ ist, nimmt Platz bei den Zuschauern, die in zwei Blöcken rechts und links des Spielgeschehens sitzen. Und in dieser Mitte, da spielt es sich ab.

Ist es Provokation – oder einfach nur naiv, seinen Sohn Adolphe zu nennen? Heutzutage, wo sich Eltern mit den ausgefallensten Vornamen für ihre Sprösslinge gegenseitig zu übertrumpfen versuchen? Vincent bezieht sich dabei in erster Linie auf den Roman „Adolphe“ von Benjamin Constant. Das einzige Buch – so wird ihm vorgeworfen – das er jemals gelesen hätte. Es entspinnt sich ein leidenschaftlicher Disput über Namen an sich, ihre Vorbilder, Mythen und Assoziationen mit lebenden oder verstorbenen Namensträgern. Die verspätet eintrudelnde werdende Mutter wird gleich mit diesem Zwist konfrontiert. Doch statt erlösender Schadensbegrenzung folgt die nächste Unstimmigkeit auf dem Fuße. Wie bei einem Zahnrad greift eine weitere giftige Bemerkung in den nachfolgenden Krach.

Das Autorenduo Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière hat mit „Der Vorname“ eine, wie es im PR-Text heißt, „bitterböse und bissige Gesellschaftskomödie in bester französischer Tradition“ geschaffen. Es ist das erste Bühnenstück der beiden bislang für Film und Fernsehen Schreibenden. Als Österreichische Erstaufführung bereichert die rasante Inszenierung nun den Spielplan des Schauspielhauses.

Sinikka Schubert und Volker Wahl sind die Gastgeber Elisabeth und Pierre  – das typische Ehepaar mit seinen üblichen Problemen. Der aufmüpfige Vincent (Simon Ahlborn) ist Elisabeths Bruder und der Jugendfreund von Pierre. Sie treiben`s schon seit Kindertagen bunt. Anna(Christiane Warnecke), Vincents Lebensgefährtin, scheint mit der Vergangenheit der drei noch nicht so vertraut zu sein. Der fünfte im Bunde ist Claude (Thomas Enzi), Elisabeths Freund aus Jugendtagen. Der zurückhaltende Posaunist ist ein stilles Wässerchen, wie es im Buche steht! Alle fünf glauben, alles voneinander zu wissen und doch wird auf köstliche Weise immer wieder Neues und Erstaunliches unter dem Teppich hervorgekehrt.

Regisseurin Susi Weber schreckt vor nichts zurück und lässt das quirlige Quintett auf der Tafel-Bühne zwischen Gemüse-Buffet und Weinflaschen auf und ab turnen. Draufgänger Vincent rollt und kugelt auf dieser Plattform und wirkt demnach so (hyper-)aktiv wie seine Gedankensprünge. Es brodelt heftig in dieser Hexenküche der Eitelkeiten und Geständnisse; Notfalltropfen werden verabreicht, die blutige Nase versorgt. „Ich glaub`, ich spinne!“ sagt Vincent am Schluss. Das mit grotesk-spannenden, präzis umgesetzten Szenen bestens versorgte Publikum verhalf den Schauspielern bei der Premiere am Mittwoch (13.2.) zu unzähligen „Vorhängen“.

Aufführungen bis 13. April – www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Schauspielhaus Salzburg / Marco Riebler

 

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