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Abenteuer im Holzkopf

ARGEKULTUR / OPEN MIND FESTIVAL / DON QUIJOTE

21/11/14 Als einer der größten tragikomischen Helden der Literaturgeschichte passt Don Quijote perfekt ins Panoptikum der erfolgreich Erfolglosen des aktuellen Open Mind Festivals in der ARGEkultur. Regisseur Simon Meusburger schickte den Ritter von der traurigen Gestalt und seinen Schildknecht Sancho Panza in Puppengestalt auf ihre Abenteuerreise.

Von Christoph Pichler

Es ist schon verblüffend, wie plötzlich das Leben in den Holzkörper ohne Unterleib fährt und trotz grob geschnitzter Gesichtszüge Don Quijote auferstehen lässt, wie er sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat: als hoch aufschießender, hagerer Lumpenritter mit Ziegenbärtchen. Auch sein Partner Sancho Panza sieht so aus, wie wir ihn ohnehin vor Augen haben: ein kleines, pausbäckiges Köpfchen über stattlichem Wanst. Die schlimmsten Erlebnisse, die ihnen auf ihrer gemeinsamen Reise zustoßen, sind ebenfalls wohlbekannt: Da ist zuvorderst der längst sprichwörtlich gewordene Kampf gegen die Windmühlen, zudem die gefährliche Verwechslung von Hammelherde und Heidenheer und natürlich das tragische Liebeswerben um die schöne Dulcinea.

Dass die erhofften Heldentaten stets in schmerzhafter Enttäuschung enden, kreidet Don Quijote allerdings nicht seiner überschäumenden Phantasie an, sondern einem bösen Zauberer, der ihm stets den Triumph des Sieges im letzten Moment zunichte macht. Das gilt besonders für seine angebetete Traumfrau, die plötzlich all ihren imaginierten Wohlgeruch verliert und ihren entsetzten Verehrer als derbe Bäuerin mit quietschender Stimme anbellt. Da hilft schließlich nichts anderes mehr, als den Zauber mit schmerzhafter Selbstkasteiung zu brechen – sofern Don Quijote es durchhält, Sancho Panza die nötigen dreihundert Schläge einstecken zu hören.

Dass der Möchtegern-Held, der die heroische Welt der Ritterromane der harten Realität vorzieht, so herzzerreißend Anteil am Leid seines Dieners nehmen kann, ist Puppendesigner Nikolaus Habjan zu verdanken. Er leiht ihm Stimme, Beine und eben eine große Palette überschäumender Emotionen von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt. Manuela Linshalm erfüllt Sancho Panza dagegen vor allem mit Angst um seinen wahnsinnigen Herren, den er notfalls auch mit ausufernden Phantasiegeschichten von seinen waghalsigen Plänen abzubringen sucht. Zudem schlüpft sie auch in die kleineren komischen Nebenrollen als um eine Bartschüssel beraubter Barbier und falsche Dulcinea.

Ein paar mit schwarzem Stift bemalte Vorhänge und mit Tüchern behängte Sitzgelegenheiten, die auch als Krankenbett oder unedle Rösser dienen, reichen, um Don Quijotes mittelalterliche (Alb)traumwelt auferstehen und wieder einstürzen zu lassen (Bühne: Billie Lea Lang). Dabei überzeugt vor allem die komische Chemie, die für ständigen Funkenflug zwischen den beiden Holzköpfen sorgt. Gelegentliche Ausflüge in den Slapstick und in den Zuschauerraum erhöhen die Gagdichte dieser fantasievollen Mischung aus Buddy-Komödie und Roadmovie noch zusätzlich. Das Publikum in der ausverkauften ARGEkultur war jedenfalls begeistert und bedankte sich am Donnerstag (20.11.) mit stürmischem Applaus für zwei unterhaltsame Stunden zwischen Kinder- und Erwachsenentheater.

www.argekultur.at
Bilder: ARGEkultur/Barbara Pálffy

 

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