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... dass mir auf Erden nicht zu helfen war

THEATER IM KUNSTQUARTIER / DER ZERBROCHENE KRUG

01/12/14 Die Indizien verdichten sich für Dorfrichter Adam gefährlich. Wer hat nun den Krug zerbrochen? Ruprecht, Lebrecht, gar ein Unbekannter? Kläger und Beklagte versammeln sich am Morgen nach der unruhigen Nacht im dörflichen Gerichtszimmer, um den Sachverhalt zu entwirren.

Von Ulrike Guggenberger

Heinrich Kleist hat ein Lustspiel geschrieben. Situationskomik erheitert den Zuschauer, lenkt ihn kurz vom überaus verworren-strittigen Fall ab. Es geht um das Nichts eines zerbrochenen Kruges und zugleich um das Alles der Wahrheit. Welche Wahrheit, wessen Wahrheit?

Das Bühnenbild – das Gerichtszimmer – ganz zeitgenössisch in minimalistischem Weiß, wird vom eilfertig-übereifrigen Anwaltsgehilfen persönlich für die kommende Verhandlung adaptiert. Auch sonst weiß er sich dem zur Visitation eintreffenden Gerichtsrat Walter mittels Andeutungen und vielsagenden Blicken dienlich zu machen.

Die Dinge gehen keineswegs voran. Dorfrichter Adam laboriert an seinen unerklärlichen nächtlichen Verletzungen, strauchelt über seinen dick vermummten „Klumpfuß“, findet die Perücke nicht, um würdig seines Amtes walten zu können, redet sich um Kopf und Kragen. Gerichtsrat Walter, auf das Höchste ungehalten, deckt Ungereimtes auf, stellt bohrende Fragen, hält sich an den Gerichtsgehilfen. Indessen geben sich die Parteien, welche einzeln innerhalb eines weiß gekennzeichneten Quadrats zwecks Zeugenschaft vortreten müssen, unversöhnlich uneinig. Kurzum, der voraus zu ahnende Tumult ist nicht mehr aufzuhalten.

Die meisterhafte Charakterzeichnung der einzelnen Rollen Heinrich von Kleists werden von Anton Andreew, Tobias Artner, Zeynep Bozbay, Marcel Heuperman, Anna Rieser, Julius Schulte lebhaft, spielerisch übernommen. Für die Regie zeichnet Jörg Lichtenstein, für die Ausstattung Anna Brandstätter

In der ein oder anderen Szene weicht die Regie vom Kleistschen Stückt ab. Etwa mit dem Rollenwechsel von Mutter und Tochter und wohl auch beim „Pausenverhalten“ der jungen Leute.

In der Bühnenfassung der Studierenden erhält die Rolle Eves Gewicht. Eve reift während der Gerichtsverhandlung zu einer verantwortungsvollen jungen Frau heran, am berührendsten in der Schlussszene zwischen ihr und Gerichtsrat Walter. Ihr Gegenspieler ist der Amtsgehilfe Licht. Letztlich scheint die Wahrheit darin zu liegen, dass niemand ohne Fehl ist.

Menschen straucheln da und dort, ein jeder in seiner Manier. Die eine Wahrheit gibt es nicht. So schreibt denn Heinrich von Kleist ein Lustspiel, um den Menschen eine existentielle Mitteilung zu machen. Kleist ging in seinem Leben wie in seiner Dichtung seinen eigenen Weg, ist im Geiste seiner Zeit weit voraus – und daher aktuell wie eh. Ein Klassiker eben.

Bilder: Universität Mozarteum/Thomas Bernhard Institut

 

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