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Marathon und fast zu kurz

FESTSPIELE / KLAVIERZYKLUS ANDÁS SCHIFF

28/07/17 Da torkelte heiter der Betrunkene. Da wollte das todkündende Käuzchen nicht wegfliegen. Da perlten sanft schimmernde Klangkaskaden. András Schiff eröffnete seinen Festspiel-Zyklus und überwältigte mit Bach und Bartók, Janáček und Schumann.

Von Heidemarie Klabacher

„Zwischen diesen Komponisten gibt es viele Unterschiede, aber noch viel mehr Gemeinsamkeiten“, sagte András Schiff im ersten seiner drei Festspiel-Konzerte mit Werken von Bach und Bartók, Janáček und Schumann.

Begnadete Pianisten und leidenschaftliche Pädagogen seien die beiden einen gewesen, poetische Komponisten von der Sprache besessen, die beiden anderen. Schiff schilderte, wie der angefeindete und später vertriebene Bartók weit über die Grenzen Ungarns hinaus Volksmusik von der Ukraine bis in Ägypten aufzeichnete oder wie Janáček in seiner Heimat musik-ethnologische Expeditionen unternahm. Bach, wenn auch nie aus Deutschland hinausgekommen, sei ohnehin ein „Europäer“ gewesen, der die Musiksprachen seiner Zeit zwischen England und Frankreich beherrschte. Keiner dieser Komponisten sei ein „Nationalist“ gewesen... Ein so pointierter wie hochpolitischer Vortrag vor einem marathon-verdächtigen Programm - und kein Wort und keine Note war zu viel.

Schiff hat launig für eine „cantable Art des Klavierspielens“ plädiert: „Wenn man das Klavier als Schlaginstrument betrachtet, schlägt es zurück.“ Dann hat er sich selber beim Wort genommen und sein Publikum mit überwältigender Klangkultur weit über zwei Stunden lang in einen beinah hustenlosen Bann geschlagen.

Wie aus einem Guss glasklaren Wassers wirkten Bach und Bartók: Der Pianist hat die Zweistimmigen Inventionen BWV 772 bis BWV 786 – perlende Kaskaden – interpunktiert mit zehn der wunderbar tänzerischen, bockigen oder liedhaften Stücke aus dem Zyklus Für Kinder Sz 42, den Drei Rondos über Volksweisen Sz 84 und den geradezu virtuosen Drei Burlesken Sz 47. Bartóks Musik ist pulsierend und mitreißend in ihrer Pointiertheit und Prägnanz. Doch die burlesken, dabei hochkomplexen rhythmischen Details András Schiff hörbar machte, waren schlicht überwältigend. So markant phrasiert, unprätentiös launig und zugleich erhellend gespielt hört man diese – ohnehin viel zu selten gespielten – Werke sonst nicht. Erwähnt sei das Changieren zwischen betrunkenem Torkeln und seligem Schweben in der Burleske mit dem anschaulichen Titel Etwas angeheitert. Dem ist mit Metronom oder Taktstrichen nicht beizukommen ist. Diese Musik braucht András Schiff.

Im zweiten Teil spielte Schiff zehn der 15 Miniaturen aus Leoš Janáčeks Zyklus Auf verwachsenem Pfade und die Davidsbündlertänze op. 6 von Robert Schumann. Auch hier klangen selbst die heftigsten und fiebrigsten Nummern nicht nach „Schlaginstrument“ sondern nach Zauberharfe.

Die weiteren Konzerte im Klavierzyklus von András Schiff mit Bach und Bartók, Janáček sind Schumann am 29. Juli und am 2. August
Bild: Salzburger Festspiele / Silvia Lelli

 

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